Der neue Personalausweis ist beantragt

Die laufende Woche war bisher ziemlich stressig, und das hatte gar nichts mit dem bevorstehenden Weihnachtsfest zu tun. Und wenn, dann nur indirekt.

Am Montag fuhren wir nach Montevideo. Um halb elf Uhr hatte ich meinen Termin in der deutschen Botschaft. Dazu komme ich gleich.

Am Dienstag habe ich bei 32 Grad Außentemperatur, drinnen mag es noch etwas wärmer gewesen sein, Plätzchen gebacken. Die waren als Weihnachtsgeschenke vorgesehen, es war also höchste Eisenbahn!

Am Mittwoch kam Daniel völlig überraschend zur Arbeit. Eigentlich kommt er nur am Samstag Vormittag. Sein spontaner Wechsel hat uns dann etwas aus der Bahn geworfen, weil wir es erst eine halbe Stunde vor Arbeitsbeginn erfahren und eigentlich für den Tag andere Pläne hatten. Aber man muss ja flexibel bleiben.

Seit Wochen nerven uns drei der Lämmer, die dauernd die Zäune ignorieren, durchschlüpfen und dann auf eigene Faust spazieren gehen. Jeden Abend mussten wir sie einfangen, damit sollte nun Schluss sein. Am Dienstagabend fingen wir sie wieder ein und sperrten sie in ein Ertragehege. Dort führten sie sich auf wie die Vandalen. Wir wollten sie jeweils mit einem Seil anleinen, eines der Lämmer ließ nicht mit sich reden. Es tobte vor Wut und rannte mit dem Kopf mehrmals gegen die Wand. Keine Chance auf Besserung. Kurzentschlossen haben wir es vor Ort auf der Weide geschlachtet. Gut, dass Daniel da war. So ging es kurz und schnell und völlig überraschend für das Tier, ohne dass es lange leiden musste.

Am Abend gab es für uns Lamm-Asado, das etwas verfrühte Weihnachtsmenü.

Für den Nachmittag hatte sich noch ein Besucher angemeldet, der eigentlich ein Lamm für den Festtag kaufen wollte, sich dann aber dagegen entschied, weil ihm die Lämmer zu klein waren. Er hat dann drei Lämmer für Ostern reserviert, bis dahin sollten sie ja noch etwas gewachsen sein, und hat sich stattdessen mit Begeisterung unseren Park angesehen. Seine Fahrt zu uns raus auf den Campo hat er so nicht als umsonst empfunden.

Die ganze Woche über war es heiß und trocken, mit Temperaturen um die 35 Grad. Eine Änderung ist nicht in Sicht. Die Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel, jeder Schritt, jede Bewegung ist doppelt anstrengend. Wir sind mittlerweile ziemlich müde und schlapp. Das ist eindeutig nicht unser Wetter!

Nun zum Montag.

Wir machten uns schon früh um sieben Uhr auf den Weg. Drei Stunden Fahrtzeit lagen vor uns und wir wollten ja pünktlich sein. Einer inneren Eingebung folgend, es gab eigentlich keinen vernünftigen Grund dafür, packte ich zu den vorbereiteten Papieren noch unser Familienstammbuch und auf Steffens Rat die Abmeldebescheinigung unseres letzten Wohnortes in Deutschland ein.

Ich klingelte pünktlich an der vergitterten Tür der deutschen Botschaft und wurde sogleich eingelassen. Nach der Sicherheits- und Temperaturkontrolle erwartete ich eigentlich noch einen COVID-Schnelltest. Aber weder der Test noch ein Impfnachweis waren überhaupt ein Thema. Mundschutz im Gesicht, das reichte völlig aus. Im Warteraum musste ich Handy und Rucksack in einem Schließfach deponieren, meine Unterlagen durfte ich freundlicherweise nach einer Wartezeit von über 20 Minuten mit hinauf in den ersten Stock nehmen. Dort empfing mich eine Mitarbeiterin ziemlich reserviert, smalltalk, wie in Uruguay üblich, war nicht ihr Ding. Aber ich befand mich ja auf deutschem Boden, also kamen wir gleich zur Sache. Ich hatte den ausgefüllten Fragebogen in doppelter Ausführung zur Hand, wie auf der Internetseite verlangt wurde und gab ihn der guten Frau in der Hoffnung, gleich alles hinter mir zu haben. Steffen wartete vor dem Gebäude auf mich, „ dauert ja nur ein paar Minuten“. Der Fragebogen wechselte den Besitzer und dann: „ und nun hätte ich gerne alle anderen Papiere“.

„Welche anderen Papiere😳“ dass davon auf der Internetseite kein Wort stand, traute ich mich nicht zu erwähnen. Kopien von Geburtsurkunde (hab ich nicht), Personalausweis, Reisepass, Ausweisdokument von Uruguay und Abmeldebestätigung aus Deutschland und zu guter Letzt das biometrische Foto. Kopien hatte ich keine, ich drückte ihr also die Originale in die Hand, einschließlich dem Stammbuch, da stand ja drin, dass ich geboren wurde und existiere. „Das muss ich jetzt alles kopieren😡“. Hm, ja. Da wird sich wohl ein Kopiergerät finden. Das dachte ich, sagte aber nichts dazu. Mein Foto gefiel der guten Frau auch nicht, nicht biometrisch. Der Fotograf in Tarariras hatte das Wort noch nie gehört und bemühte sich redlich. Ich stand vor einer weißen Wand, schob das Kinn vor und guckte sehr ernst in die Kamera. Das musste genügen. Die Frau sah das anders. Das müsse sie mit ihrem Vorgesetzten klären, stand auf und verschwand.

Eine halbe Stunde ließ sie mich schmoren, dann kam ihr Vorgesetzter freudestrahlend auf mich zu und erledigte, während wir uns ganz nett unterhielten, den Rest. Das Foto passte, die Papiere waren vollständig, alles gut. Dann sollte ich noch den Ausweis bezahlen. Kein Problem ? Auf einem Zettel an der Pinnwand im Wartezimmer stand, es werden nur uruguayische Peso akzeptiert. Hm, auf deutschem Boden in der deutschen Botschaft sind Euro unerwünscht ? Ich durfte dann mit meiner deutschen Kreditkarte zahlen, den Preis des Ausweises zuzüglich dem Auslandszuschlag. Ja, Uruguay ist ja auch ziemlich weit weg von Deutschland.

Nach fast eineinhalb Stunden hab ich dann wieder uruguayischen Boden betreten. Und was soll ich sagen: ich war froh, wieder zu Hause zu sein.

Wohlgemerkt: mein aktueller Personalausweis ist NICHT abgelaufen, sondern noch einige Monate gültig. Ich wollte nur frühzeitig einen neuen beantragen, der alte, gültige, reichte aber für eine Legitimation wohl nicht aus.