Tiergeschichten

Es ist heiß, heiß und trocken. Man kommt sich vor wie in einem Heißluftofen. Die Sonne brennt erbarmungslos vom blauen Himmel, dazu ein kräftiger, trockener  Wind aus Westen. Das abendliche Gießen nützt nicht mehr viel, denn wenn auch die Wurzeln schön feucht sind, die Sonne verbrennt mittlerweile alles. Das schöne grüne Land verwandelt sich in eine gelbe, staubtrockene Wüste. Die Tiere knabbern lustlos am vertrockneten Gras herum, die Äste der Bäume, an die sie noch rankommen, sind kahlgefressen. Unten am Fluß haben wir noch etwa 2 Ha Land, welches ungenutzt ist. Viele Steine, viele Bäume und noch viel mehr Gras, das nun auch langsam vor sich hin trocknet, für die Kühe aber saftig genug ist. Wir beschlossen, neun  Tiere unserer Herde hinunter zu treiben. Das wären nur 500 m Fußweg die Schotterstraße entlang, das sollte zu schaffen sein. Die Milchkuh mit ihrem Kalb wollten wir in der Nähe des Hauses lassen, um sie ab und zu noch melken zu können. Gesagt, getan. Zu dritt marschierten wir los, erst mal über unser Grundstück, die Kühe immer in unserer Mitte. Im Fernsehen sah das immer so einfach aus. Man zog dort eine Kuh vorne weg und die anderen trabten dann gemütlich hinter her.So die Theorie! Zum Einen passte es Ihnen überhaupt nicht, daß die Milchkuh angebunden war und dableiben sollte. Zum Anderen hatten sie auch gar keine Lust zu einem Spaziergang und schon gar nicht in die Richtung, die wir Ihnen vorgaben. Sie rannten immer wieder zwischen uns durch und wir hatten unsere liebe Mühe, sie endlich bis zum Tor zu treiben. Ab da mußten sie nur noch die Straße lang, natürlich in die richtige Richtung abbiegen, aber das war kein Problem mehr. Einmal auf der Straße, gab es kein Halten mehr und die ganze Herde stürmte im Galopp runter zum Fluß. Gastón und ich hinterher, da sie auf keinen Fall die Brücke erreichen durften. Die Straße macht hier eine große Biegung, Gastón nahm die Abkürzung über den Campo, war als erster an der mit Stacheldraht abgesteckten Weide und dirigierte die Kühe genau dahinein. Geschafft. Oder doch nicht? Steffen fehlte, und ein Kalb! Wir also den Hügel wieder hinauf gehechtet, um die beiden zu suchen. Ein einzelnes Kalb zu treiben, ist viel schwerer, als eine ganze Herde. Gut, daß niemand mit der Kamera dabei stand und uns filmte. Wir hatten sie dann schließlich doch am Tor zur Straße und letztendlich draußen, als ein großer LKW vom Fluß hoch kam und eine riesige Staubwolke hinter sich her zog.  Das Kalb bekam Angst, und drückte sich ins Gebüsch des Grünstreifens zwischen Staße und Zaun. Als der Fahrer mit seinem Ungetüm auf gleicher Höhe mit ihm war, drückte der Idiot auf die Hupe. Völlig in Panik, brach das Kalb aus dem Gestrüpp, rannte über die Straße, durchbrach den Zaun des Nachbarn und verschwand schließlich im Eukalyptus-Wald gegenüber. Späßle gemacht, he?

Gaston tobte, Steffen stand völlig verärgert erst mal da und ich konnte mir ein Grinsen kaum unterdrücken. Es gibt schlechtere Filme!

Das Kalb war erst mal auf nimmerwiedersehen verschwunden. Gastón holte kurzer Hand die dicke Milchkuh und ihr Kalb und trieb es ebenfalls auf die Straße in der Hoffnung, daß der Ausreiser dann schon irgendwann zurück kommt. Zu solchen Nettigkeiten war die Dame aber nicht bereit, und Gastón überschätze zudem Steffens und meine Fähigkeiten als Cowboy. Wenn wir wenigstens auf einem Pferd gesessen hätten! Nein, die ganze Aktion wurde zu Fuß durchgeführt;  die Kuh rannte samt Kalb Richtung Fluß, Steffen hinterher,  konnte sie aber unmöglich einholen. Ich war zu weit entfernt, um irgendwie einzugreifen. Gastón rannte zum Campo zurück, stieg in sein Auto, sammelte mich unterwegs ein und gemeinsam fuhren wir dann Steffen hinterher, der bereits die Brücke erreicht und überquert hatte. Die Kuh immer im Galopp vor ihm auf der Flucht.

Mit dem Auto war es natürlich ein Leichtes, sie einzuholen. Kurz Gas geben, an der Kuh vorbei und sie dadurch zum Umkehren zwingen, war eins!  Steffen stieg auch ein und gemütlich tuckerten wir hinter einem wackelndem Kuhhintern her wieder Richtung Campo. Glücklicherweise marschierte sie direkt hinein und nicht, wie ich insgeheim befürchtet hatte, daran vorbei. Aber sie wußte, wo sie Zuhause war. Hinter dem Gatter band Gastón sie fest: als Lockvogel für das ausgebüxte Kalb. Das stand dann auch am späten Nachmittag brav am Tor und wartete auf Einlass. Einen erneuten Versuch, das Tier zum Rest der Herde zu treiben, unternahmen wir nicht. Es durfte hier bleiben. Hartnäckigkeit zahlt sich aus😀 Den kaputten Zaun des Nachbarn haben wir selbstverständlich wieder in Ordnung gebracht.

Als Gaston am nächsten Morgen nach den Kühen sah, stellte er fest, daß eines fehlt. Und zwar unser kleiner Cäsar. Der hatte sich alleine auf Entdeckungstour  gemacht und war erst mal verschwunden.Suchen hatte keinen Sinn, wir wußten ja nicht, wo wir anfangen sollten. Also haben wir einfach abgewartet. Irgendwann hat er Hunger, er braucht ja noch seine Milch, und taucht wieder auf, so unsere Hoffnung. Und so war es dann auch. Wir lagen um die Mittagszeit zur Siesta auf dem Sofa, als ich draußen eine Bewegung bemerkte, die da nicht hingehört: der kleine Ausreißer von gestern marschierte gemütlich am Hühnerstall vorbei in Richtung Schafgehege. Die Absperrung hatte er einfach ignoriert und ist unten durch gelaufen. Wir sind dann gleich raus , um ihn wieder zurück zu schicken und entdeckten dann unseren Cäsar, der ganz interessiert die Schafe beobachtete. Er hatte ganz alleine zurück gefunden. Gastón hatte beim Wegfahren das Gatter offen gelassen, so daß er ohne Mühe wieder heim kommen konnte.

3 Gedanken zu “Tiergeschichten

  1. Das ist ja Abenteuer pur! !! Da muss man sich erst mal zuhelfen wissen, aber alle Achtung !!! Ihr seid ja schon richtige Profis! !!In jeder Situation das Richtige! !! Finde ich echt toll! !!Große Hochachtung! !!!

    Like

      1. Ich hatte mal früher in meinem Poesie-Album ( weiß eigentlich noch jemand, was das ist????) einen Spruch stehen, den ich damals nicht ganz verstand: Etwas gerne tun macht jede Last leichter
        Heute weiß ich: da ist was dran!

        Like

Hinterlasse eine Antwort zu heidrichblog Antwort abbrechen