Auch so ein in fast jedem Reiseführer zu finden und von fast jedem in den Mund genommener Ausspruch, der wie alle anderen Floskeln wenig mit der Wirklichkeit zu tun hat.
Welches Europa? Polen? Italien? Deutschland? Norwegen? Frankreich?
Alles europäische Länder, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Was ist europäisch an Uruguay? Das Essen? Die Landschaft? Das Klima? Die Architektur? Die Menschen?
Wahrscheinlich geht der Ausspruch darauf zurück, dass die Mehrheit der Bevölkerung ähnliche ethnische Wurzeln hat, also ursprünglich aus Süd- oder Mitteleuropa kommt. Aus Spanien, Italien und Deutschland. Aber das ist Generationen her und mittlerweile leben Menschen aus vielen Teilen der Welt in Uruguay. Russen, Chinesen, US-Amerikaner, Menschen aus allen südamerikanischen Ländern, Indigene und Eingewanderte, Und jeder bringt einen Teil seiner eigenen Kultur mit.
Wer deutsch/ österreichisch/ schweizerisches Flair sucht, ist in Brasilien, in Pomerode oder Blumenau, besser aufgehoben. Oder in Villa General Belgrano in Argentinien. In Uruguay gibt es keine Fachwerkhäuser und keinen Apfelstrudel.
Ich glaube, jeder, der hier her kommt, sucht und vergleicht das Land mit seiner Heimat. Vor einigen Jahren kam ein Farbiger aus den USA und wollte sich das Land ansehen, weil er gehört hatte, dass hier auch viele schwarze Menschen wohnen. Besagter Mann war in Montevideo unterwegs und suchte gezielt dunkelfarbige Menschen, die er dann nach den Schwarzenvierteln fragte, die es hier doch geben müsste. Er war ganz erstaunt, als er hörte: „Nein, das gibt es hier nicht!“
Und genau das ist das Einzigartige an Uruguay!
Hier leben Menschen aller Couleur, von strohblond bis rabenschwarz, friedlich nebeneinander. Die Herkunft spielt nur eine untergeordnete Rolle. Natürlich sind wir die alemanes. Aber ob wir einen deutschen, einen uruguayischen oder einen chinesischen Pass haben, hat noch niemand interessiert. Wer mit wem zusammen ist, Männlein, Weiblein oder sonst was, findet keine besondere Beachtung. Toleranz ist das, was die uruguayische Bevölkerung auszeichnet. Jeder lebt so, wie er möchte. Solange er andere in Ruhe lässt und nicht missioniert. Man findet hier alle möglichen Religionen vertreten, von den großen Weltreligionen bis hin zu Naturreligionen. Es darf hier jeder glauben und praktizieren, was er möchte, solange er andere in Ruhe lässt und nicht missioniert. Staat und Religion sind strikt getrennt. Es gibt keine religiösen Feiertage, die kann jeder für sich selbst zelebrieren. Natürlich lassen sich die christlichen Wurzeln nicht verleugnen. Es gibt Kirchen im Land und sogar einen Bischof in Montevideo. Und dem Konsumrausch jedes Jahr an Ostern und Weihnachten kann man auch nicht aus dem Weg gehen.
Man sollte Uruguay ganz unvoreingenommen besuchen. Nicht nach Bekanntem suchen, sondern sich auf das Neue, Unbekannte einlassen. Vielleicht findet man bei der Rundfahrt einen Landstrich, der einen an Zuhause erinnert. Aber schon bei der näheren Betrachtung von Flora und Fauna zum Beispiel, merkt man ganz schnell, das man woanders ist. Uruguay hat einiges zu bieten für denjenigen, der mit offenen Augen durchs Land streift und nicht jeden Grashalm und jede Kuh mit dem Heimatland vergleicht.
Wunderschön hast du das geschrieben Gabi. Alles was wichtig ist gut zusammengefasst.
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Vielen lieben Dank 😊
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