Kommunikation und WhatsApp

„Was? Das Fräulein vom Amt hat euch ihre Privatnummer gegeben?“

Eine Frage, die sich natürlich stellt und in Deutschland absolut unmöglich ist.

In Uruguay ist das völlig normal!

Viele Behörden, Geschäfte und Büros sind teilweise telefonisch gar nicht erreichbar. Anfragen, Terminvergaben und ähnliches werden übers Internet abgewickelt , und man wird gleich darauf hingewiesen, dass persönliche Rückfragen nicht möglich sind. Mit den privaten Telefonnummern geht der Uruguayo sehr locker um. WhatsApp ist weit verbreitet und das beliebteste Mittel der Kommunikation. Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes oder der Privatsphäre sind hier völlig unbekannt und ich bin mir nicht sicher, ob es überhaupt eine spanische Übersetzung für das Wörtchen Datenschutz gibt. Gerade Deutsche tun sich mit der Herausgabe von Telefonnummern sehr schwer. Das kommt bei den Einheimischen mitunter nicht gut an. Der Gedanke liegt da nahe: Die wollen mit uns nichts zu tun haben!

Wir haben uns angepasst. Wir geben unsere Telefonnummer gerne und bereitwillig an jeden heraus, der sie haben möchte: Einwanderungsbehörde, Anwalt, Friseur und so weiter. Das erleichtert die Kommunikation erheblich und man bekommt natürlich auch einen guten Einblick in das Privatleben der hiesigen Bevölkerung. Die meisten sperren ihren Status nicht und so nehmen auch wir daran teil, wenn der Sohn vom Gemüsehändler einen Preis für besondere Leistungen erhalten hat und die Zahnärztin am Wochenende mit ihren Söhnen zum Fussball geht. Wir haben unseren Status für diese Bekannten natürlich auch geöffnet. So werden über die Jahre manchmal zarte Bande der Freundschaft geknüpft. Mehr ist auch unter den Einheimischen nicht üblich. Das Wochenende gehört der Familie, am Abend will man seine Ruhe haben.

Wir haben mittlerweile eine enorme Liste an WhatsApp-Bekannten und sind dadurch über das meiste, das im Land passiert, schnell und gut informiert. Für uns gehört das zur Integration, so Teil der Gesellschaft zu sein. Steffen hat vor Jahren auf einem Reiterfest einen Gashändler aus Montevideo kennengelernt. Man sieht sich fast nie, ist aber immer in Kontakt. Egal, was sich in Montevideo tut, wir wissen Bescheid. Aus erster Hand. Der Schafscherer zeigt uns seine Jagderfolge und der Wollhändler seine Urlaubserlebnisse. Der Gemüsehändler weiß um unsere Vorliebe für Kartoffeln und schickt aus dem Großmarkt ein Foto, wenn es eine besonders gute Lieferung gibt. Auf Wunsch bringt er uns dann alles mit.

Jede Medaille hat zwei Seiten und so sind auch hier Telefon- und Internetbetrügereien auf dem Vormarsch. Die Bevölkerung ist unbedarft und gutgläubig und den Verbrechen hilflos ausgeliefert. Man muss aufpassen und vorsichtig sind. Wir nehmen nur Anrufe mit bekannten Nummern an. Der vielgeliebte „Enkeltrick“ würde bei uns nicht funktionieren, dazu reichen die Sprachkenntnisse nicht aus! Vor falschen Polizisten an der Haustür muss man sich in Acht nehmen und auch sonst immer die Augen und vor allem den Verstand offen halten. Damit sind wir all die Jahre gut gefahren.

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