Endlich wieder Routine?

Die letzten vier Wochen waren wieder sehr emotional. Es ist immer schön und wir freuen uns schon Wochen vorher auf die Ankunft der Lämmer. Aber es ist auch anstrengend, nicht immer läuft alles gut. Von 33 geborenen Lämmern sind 2 in der ersten Lebenswoche gestorben, eines aus der Herde und eines unserer Flaschenlämmer. Dazu kam eine letzte Zwillingsgeburt mit zwei toten Lämmern, die wir in einer dramatischen Aktion auf die Welt holen mussten. Glücklicherweise hat wenigstens das Mutterschaf überlebt. Das sind Ereignisse, die uns nicht kalt lassen, wir leiden bei jedem Fall mit!

Die fünf Flaschenlämmer entwickeln sich prächtig und sind mit dem großen Lamm Michel Tag und Nacht auf ihrer Weide. So langsam sollte wieder Ruhe einkehren. Wir waren der Meinung, nun kommt kein Lamm mehr, wir sind durch für dieses Jahr. Bis zum Samstagvormittag! Wir haben vom Haus aus die Weide, auf der die Herde momentan grast, gut im Blick. Steffen wollte zum Distelstechen hinunter und ich war mit der Wäsche beschäftigt. Da rief er: „Lamm Nr. 34 ist angekommen!“ Doch noch ein Nachzügler!

Wir freuten uns, als wir das schwarze Lämmchen mit der weißen Haartolle sahen. Leider lag die Freude nur auf unserer Seite. Die Mutter schubste das Kleine jedes Mal unsanft zu Boden, wenn es ihr zu nahe kam. Wir beobachteten das eine Weile und entschlossen uns dann, das Lämmchen an uns zu nehmen. Da war kein Mutterinstinkt vorhanden!

Nun haben wir noch ein Flaschenlamm! Die kleine Sofie ist munter und kräftig. In der Nacht schläft sie die ersten beiden Wochen im Haus. Tagsüber ist sie seit Montagmittag draußen bei den größeren Lämmern und kommt dort gut zurecht.

Es ist immer wieder faszinierend, wie fit so ein kleines Tierchen ist! Kaum 48 Stunden alt, fügt sie sich in die kleine Herde der anderen Flaschenlämmer mit ein. Folgt ihnen, rennt ihnen hinterher, wenn wir kommen und die Milch bringen und liegt mit den anderen zur Mittagszeit gemeinsam in ihrem Häuschen.

Schafe haben eine hervorragende Orientierung und ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Manchmal kommt es uns so vor, als hätten sie einen Lageplan im Kopf. Selbst die Allerkleinsten können sich schon merken, zu welcher Tür wir ins Gehege kommen. Fast alle Weiden und Gehege haben mindestens zwei Zugänge. Wege zu den einzelnen Gehegen haben die Schafe, einmal gegangen, im Gedächtnis gespeichert. Und liegt ein unbekanntes Gebiet dazwischen, kann das problemlos umgangen werden, um doch ans Ziel zu kommen. Das Merken der Bezugsperson ist für die Lämmer überlebenswichtig. Mutter und Kind finden sich auch in großen Herden mit mehreren hundert Tieren immer wieder. Menschen sollen die Schafe am Gesicht erkennen, habe ich im Internet gelesen. Über Wochen und Monate erkennen sie ihren Bezugsmenschen, auch wenn sie ihn zwischenzeitlich nicht gesehen haben. Das ist auch unsere Beobachtung, aber noch viel mehr! Ich habe den Eindruck, die Schafe erkennen Menschen an ihrem Bewegungsmuster auch auf weite Entfernungen hin. An der Kleidung kann es nicht liegen, denn die wird ja regelmäßig gewechselt. Steffen und ich sind die einzigen Bezugspersonen, die unsere Schafe akzeptieren und lieben. Auch wenn sie uns nur von weitem sehen, suchen sie Blickkontakt und grüßen mit einem lauten „mäh“ . Und wehe, wir grüßen nicht zurück oder rufen ihnen etwas zu! Dann wird gemäht, solange und immer lauter, bis wir reagieren. Wenn wir über die Weide gehen, unterhalten wir uns also ständig mit den Tieren!

Bei anderen Menschen flüchten sie. Auch bei Daniel, den sie ja nun schon mehrere Jahre kennen, laufen sie davon.

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