Geburtsgeschichten, Teil 2

Während eines Kontrollgangs über die Weide fanden wir ein aufgeregtes Schaf, das um einen Baum rannte, sich immer wieder hinlegte, wieder aufstand und völlig hilflos wirkte. Als wir näher kamen, bemerkte sie uns und suchte Blickkontakt. Die meisten Schafe kommunizieren so mit uns, nicht nur mit blöken. Beruhigend redete ich mit dem Schaf und dirigierte es währenddessen nach oben Richtung Haus. Sie ließ sich bereitwillig auf die Hilfe ein. Sie war mitten in der Geburt, Schnäuzchen und die Vorderfüße des Lammes schauten schon in die Welt, aber die Geburt war ins Stocken geraten. Mit unserer Unterstützung erreichte das Schaf den sicheren Corral. Steffen schnappte sie, legte sie auf den Boden und ich half dem großen Lamm auf die Welt. Es war riesig, wog über drei Kilo und war einfach steckengeblieben! Mutter und Kind erholten sich schnell, das Lamm rennt mit den anderen über die Weide und hat sicher weiter zugenommen.

So gut geht es nicht immer aus. Die meisten Schafe sind zahm und lassen sich auf uns ein. Aber nicht alle! Einige Tage später fanden wir ein weiteres Schaf mitten in der Geburt auf der Weide. Der Kopf des Lammes war bereits geboren. Die Mutter wand sich und schrie! Schafe schreien während der Geburt nicht, wenn doch, ist Gefahr in Verzug. Nun war dieses Schaf in keinster Weise kooperativ! Mitten auf der Weide brauchte sie definitiv Hilfe, ließ uns aber nicht an sich ran! Nun war guter Rat teuer! Während ich langsam näher trat, stand das Schaf auf und lief davon! Sie rannte völlig kopflos über die Weide und das war schlussendlich die Lösung! Durch die wilde Bewegung kam das steckengebliebene Lamm in Schwung und rutschte in die Welt! Nur rannte das Schaf erleichtert weiter und merkte gar nicht, dass sie soeben ein Lamm geboren hatte! Wir warteten in einiger Entfernung ab. Das Lämmchen schrie nach seiner Mama! Vielleicht reagiert sie ja noch? Das Schaf lief auch noch einige Male in der Nähe des Lammes vorbei, reagierte aber gar nicht auf die Rufe! Nach einigen Minuten erlösten wir das Lämmchen von seinem Kummer und nahmen es mit. Ein weiteres Flaschenlamm.

An einem frostigen Morgen standen drei neugeborene Lämmer mit ihren Müttern auf der Nachtweide. Alle groß, kräftig und bestens versorgt. Nachdem die Herde nach draußen marschiert war, kümmerten wir uns um die drei Neuzugänge. Die Lämmer bekamen ihre Ohrmarken. Dann waren die Mütter an der Reihe. Sie wurden nacheinander geschnappt, damit wir das Euter von der Wolle befreien konnten. Beim dritten Schaf stutzten wir. Das Euter war völlig leer und die Wolle lupenrein! Dieses Schaf hatte definitiv kein Lamm geboren, kümmerte sich aber liebevoll um ihr Lämmchen! Wir konnten es uns nur so erklären, dass eine der beiden anderen Schafe Zwillinge geboren hatte und eines davon bei diesem falschen Schaf landete. Kompliziert, aber nicht mehr zu ändern. Das Lamm konnten wir der falschen Mutter nicht überlassen, sie konnte es ja nicht säugen! Unter heftigem Protest ihrerseits schickten wir sie hinaus zur Herde. Da die beiden übrigen Schafe kein Interesse an dem Lämmchen zeigten, hatten wir nun ein Flaschenlamm mehr!

Mittlerweile haben wir sechs Flaschenlämmer zu versorgen. Da sie alle sehr groß sind und einen fast unstillbaren Hunger haben, bekommen sie vier mal am Tag ihre Milch. Tagsüber sind sie draußen auf der Weide und bilden mit unserem Michel eine harmonische Herde. Michel ist für sie der große Bruder, von dem man allerhand lernen kann. Michel ist ein herzallerliebster Geselle und kam gerade zur rechten Zeit. Die vier größten Lämmer übernachten mit ihm schon draußen, denn auch er möchte in der Nacht nicht alleine sein. Das ist für uns eine große Erleichterung. Wir haben in der Nacht nur noch die zwei Kleinen im Haus, die aber auch brav durchschlafen!

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