Immer wieder aufs Neue

Die Zeit nach der Schur ist für die Schafe die gefährlichste. Ohne Wolle sind sie Raubtieren schutzlos ausgeliefert und wir haben wenig Möglichkeiten, sie 100% davor zu schützen.

Die Südweide grenzt an den Fluss. Das Ufergebiet auf beiden Seiten ist Urwald, mehr oder weniger undurchdringlich. Das hat zum Einen mit den gesetzlichen Vorgaben zu tun. Je nach Einstufung des fließenden Gewässers, also ob Rinnsal, Bächlein, Bach oder Fluss, muss ein bestimmter Abstand der Natur überlassen werden. Zum Anderen machen das die Anwohner ganz freiwillig, denn in Zonen, die nach Regenfällen regelmäßig überflutet sind, wird nicht investiert, also weder gesäubert noch Landwirtschaft betrieben. Auch Zäune kann man hier nicht sicher installieren, weil sie von der nächsten Flut sowieso zerstört würden. Und so entstanden auf vielen Kilometern natürliche Rückzugsräume für die heimische Fauna. In den ruhigen Uferzonen tummeln sich Wasserschweine, Otter, seltene Vögel und noch vieles mehr. Dank des guten Futterangebotes auch Wildkatzen.

In Uruguay sind eine Menge Wildkatzen verschiedener Arten und Größen heimisch. Angefangen von hauskatzengroßen Miezen, die sich von kleinen Nagern und Vögeln ernähren bis hin zu Jaguar und Puma. Dazwischen ist alles vertreten, in der Größenordnung von Ozelot oder Luchs. Die ganz großen Wildkatzen, Puma und Jaguar, leben nur noch in den fast menschenleeren Gebieten im Norden des Landes, die etwas kleineren Arten kommen auch im Landesinneren vor. Bei uns in der Gegend scheint sich momentan auch wieder ein mittelgroßes Exemplar herumzutreiben. Gestern haben wir ein verletztes Schaf auf der Weide gefunden, das die ganz typischen Verletzungen von einer Raubkatze aufwies. Zum Glück sind die Wunden nicht sehr schwerwiegend und mit liebevoller Pflege kriegen wir das wieder hin. Vor drei Wochen erst lag ein totes Schaf auf der Weide, gerissen von einem Hund. Da konnten wir leider nichts mehr machen.

Die Angriffe der Raubtiere auf unsere Schafe begleiten uns seit Jahren und werden es auch weiterhin tun. Es tut uns jedesmal in der Seele weh, ein verletztes oder totes Schaf aufzufinden, verhindern werden wir es nicht können. Unsere Wildkameras nutzen wenig. Um das ganze Gelände abzudecken, müssten wir 30 oder 40 Kameras installieren. Und die Aufnahmen würden uns im Fall der Fälle auch nicht helfen, da wir weder gegen Hunde noch Raubkatzen vorgehen dürften. Also zeigen wir weiter Präsenz auf den Weiden, machen Krach mit Kettensäge, Rasenmäher und Ähnlichem und hoffen, dass die Wolle schnell nachwächst. Ab Februar ist die größte Gefahr gebannt und wir können die Schafe wieder etwas beruhigter auf die Weiden lassen.

Die Ziegen sind weniger gefährdet. Sie steigen bei Gefahr auf die Hinterbeine, sind plötzlich doppelt so groß und greifen mit dem gehörnten Kopf alles an, was ihnen zuwider ist. Die pazifistischen Schafe rennen oftmals erst gar nicht weg und lassen alles über sich ergehen. Die Esel auf der Weide sind keine große Hilfe. Oft sind sie gar nicht in der Nähe der Schafe und wenn doch, interessieren sie sich mehr für das Gras am Boden als für einen fremden Eindringling. Schon gar nicht, wenn sie nicht die Angegriffenen sind. In dem Falle drehen sie sich blitzschnell um und verpassen dem Feind einen kräftigen Huftritt!

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