Schatten in der Nacht

Vor acht Jahren haben wir das Haus und den Campo gekauft. Seit dieser Zeit, wahrscheinlich schon lange vorher, wohnt, neben hunderten von Fledermäusen, auch eine Schleiereule im Dach.

In Uruguay gibt es acht verschiedene Eulenarten. Die kleinste hat eine Größe von etwa 18cm und ist häufig auch tagsüber auf den vielen hölzernen Zaunpfosten anzutreffen. Mit ihren großen dunklen Augen sieht sie herzallerliebst aus und guckt immer ganz interessiert in die Welt.

Die Eule in unserem Dach ist nachtaktiv und kommt erst in der Dämmerung zum Vorschein. Wenn wir im Sommer draußen sitzen, können wir sie bei ihren eleganten Flugmanövern beobachten. Über die Jahre hat sie einige Küken großgezogen. Nicht alle waren bereit zum Fliegen. Vor drei Jahren wollte eine kleine Eule partout nicht fliegen. Die Mama schubste sie auf den Dachfirst, dann noch ein sanfter Stoß mit dem Schnabel und……..die Eule rutschte mit einem grässlichen Quietschen auf ihren Krallen das Blechdach herunter. „Nein, fliegen will ich nicht“, schien sie zu sagen und hüpfte aufgeregt flatternd wieder in Richtung Nest. Nach drei Tagen hat es dann endlich geklappt. Das Geschwisterchen hat es mutig vorgemacht, da wollte es dann doch nicht als Hasenfuß dastehen.

Jeden Abend, wenn die Sonne am Horizont verschwunden ist und die Dämmerung in die Nacht übergeht, rumort es bei uns im und auf dem Dach. Mittlerweile sind es fünf oder sechs Eulen, die sich auf den Weg zur Nahrungssuche machen. Ob die alle bei uns wohnen oder sich hier nur treffen, haben wir noch nicht herausgefunden. Lautlos sind die Schatten nicht, die in Kreisen um die Ombú-Bäume und den Park fliegen. Weithin ist ihr Gekrächze zu hören.

Die Eulen sind fast 40cm groß und haben eine auffällige Gesichtszeichnung. Die Flügel sind an der Oberseite hellbraun, der übrige Körper leuchtet in der Nacht fast schneeweiß. Als wir sie das erste Mal sahen, dachten wir tatsächlich an eine Schnee-Eule. Aber das konnte natürlich nicht sein.

Die Eulen fressen alle kleinen Nager, Schlangen, kleine Vögel und was da sonst noch so kreucht und fleucht auf unserem Campo. Sie sind also sehr nützliche Ungeziefervertilger. Da nehmen wir natürlich gerne den abendlichen Lärm in Kauf. Eulen scheinen sehr kommunikativ zu sein. Bis tief in die Nacht sind sie laut krächzend unterwegs. Und auch wenn sie zum Verdauen auf den Ästen des Ombú-Baumes sitzen, haben sie noch allerhand Gesprächsstoff auszutauschen. Wenn der Morgen langsam graut, vernehmen wir wieder das vertraute Kratzen auf dem Blechdach und die Vögel ziehen sich zum Schlafen zurück.

Wir haben keine Fotoausrüstung, sondern machen alle Aufnahmen mit dem Handy. Das hat natürlich seine Grenzen und die beginnen, sobald es dunkel wird. Wenn das bloße Auge in der Dämmerung noch einiges erkennt, erscheinen auf dem Display nur noch schemenhafte Umrisse. Daher ist es uns leider nie gelungen, Fotos von unseren Eulen zu machen. Ich habe mal in einem Buch nach einem Exemplar Ausschau gehalten, damit ich das Tier wenigstens vorstellen kann:

Schleiereule

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