Wahlsonntag

Als wir heute am Samstagabend in Tarariras in der Pizzeria ankamen, wurden wir wie immer herzlich begrüßt. Da wir immer das gleiche trinken, kamen auch schon kurz nachdem wir uns gesetzt hatten die Getränke an den Tisch. Ich bekam meine Tónica und Steffen sein Bier. ( In Uruguay gilt die strenge 0,0 Promillegrenze und daran halten wir uns ganz genau. ) Steffen bekam sein Bier heute allerdings im Glas, die Flasche dazu, die sonst immer mit auf dem Tisch steht, hatte unser Pizzabäcker hinter dem Tresen versteckt!

Morgen ist Wahl. Und da herrscht am Vorabend ein striktes Alkoholverbot im ganzen Land. Die ersten Gäste, die nach uns das Lokal betraten, haben den Wirt dann auch gleich auf Steffens Bier angesprochen. Da wir aber Ausländer sind und an der Wahl nicht teilnehmen dürfen/müssen, gilt für uns eine Ausnahme.

Wahlen sind in Uruguay verpflichtend, es muß also daran teilgenommen werden, ansonsten erwartet einen eine saftige Geldstrafe. Und damit der Bürger am Wahlsonntag nicht durch Alkohol in seiner Entscheidung getrübt ist, herrscht schon am Vorabend ein absolutes Alkoholverbot.

Gewählt werden muß am Geburtsort! Und so war, wie dazumal zu Jesu Zeiten bei der Volkszählung, halb Uruguay die ganze Woche schon unterwegs , um an seinen Geburtsort zu gelangen. Es gibt hier keine Meldepflicht. Die Ämter bekommen einen Umzug also nicht mitgeteilt. Der einzelne Bürger ist nur über seine Handynummer erreichbar, die mit der Identifikationsnummer auf dem Ausweis verbunden ist. Wie das vor der Erfindung des Handy gehandhabt wurde? Keine Ahnung!

Die morgige Wahl ist sehr, sehr wichtig. Die Regierung hat ein Paket etlicher Paragrafen und Gesetze auf den Weg gebracht, über die das Volk abstimmen muß. Seit Wochen wird darüber mit der Opposition heftig debattiert, mitunter fliegen auch mal Fäuste auf beiden Seiten. Die Sache wird also durchaus sehr ernst genommen und spaltet die Bevölkerung in zwei Lager. Wobei niemand, den wir fragen, weil wir das ganze Procedere auch nicht verstehen, uns erklären kann, um was es da genau geht. Es scheint alles so kompliziert zu sein, dass der einfache Bürger da auch nicht durchblickt. Zum Teil geht es wohl um die Befugnisse von Polizei und Gewerkschaften, wobei bei Ersteren die Befugnisse erweitert werden sollen, bei Letzteren dagegen eingeschränkt. Man muss für Si oder No stimmen. Ja oder Nein! Das auf hellblauem Papier stehende No ist für das regierungstreue Lager, das auf rosa Zettel gedruckte Si für die Opposition, die Linke Kommunistische Partei. Man hat für das rosa extra das lizensierte Paulchen-Panther-Rosa gekauft und mit dem Zeichentrickheld ordentlich Werbung gemacht.

So, und nun kommt’s: man wählt das hellblaue No, wenn man der Meinung ist: Nein, ich bin nicht gegen die neuen Paragrafen und Gesetze der Regierung. Und man wählt das rosa Si, wenn man der Meinung ist: Ja, ich bin dagegen!

Weiße Zettel gibt es auch noch für diejenigen, die da nicht durchblicken, die sich nicht entscheiden können oder denen das ganze Tohuwabohu völlig egal ist. Die weißen Zettel werden dann allerdings bei der Auszählung zu den hellblauen dazu gezählt🙈

Mal sehen, wie das Ganze am Sonntag ausgeht!

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