
Am Donnerstag Nachmittag kochte das Gulasch im großen Kessel vor sich hin. Zeit für eine kurze Pause, bevor das Fleisch in Einmachgläser gefüllt und eingekocht werden sollte. Wir machten einen Spaziergang über die Weide, um nach den Schafen zu sehen und bemerkten weit unten mehrere Geier, die sich auf dem Boden zu schaffen machten und aufgeregt hin und her hüpften. Zwei Meter daneben stand ein Schaf. Mir gibt der Anblick der großen schwarzen Vögel jedesmal einen Schlag in die Magengrube. Wir rannten laut schreiend und wild mit den Armen wedelnd auf die Gruppe zu, die Geier flogen daraufhin weg. Wir hofften, noch nicht zu spät gekommen zu sein so wie letzte Woche, als ich die Geier zu spät bemerkte. Wenn ein Lamm zur Welt kommt und, aus welchen Gründen auch immer, nicht sofort aufsteht, hat es keine Chance. In der Natur gibt es keine Trostpreise, „steh auf oder stirb“ ist die Devise. Es sei denn, wir können rechtzeitig eingreifen!
Wir fanden ein schwarzes Lämmchen im Gras liegend. Wie bei einer Marionette, deren Schnüre durchgeschnitten sind, lag es da, hellwach, aber bewegungslos. Wir nahmen es mit und trugen es ins Haus; die Mutter stapfte laut schimpfend hinter uns her. Dass die Geier eine weitaus größere Gefahr darstellten, wusste sie ja nicht.
Unser erstes Flaschenlamm in diesem Jahr und ein richtiges Sorgenkind. Es hatte ordentlich Appetit, konnte aber den Kopf alleine nicht halten. Ob es gelähmt war, unter der Geburt einen Sauerstoffmangel erlitten hatte, wir wissen es nicht. Aber es sollte, wie alle Lämmchen vor ihm, seine Chance bekommen. Und viel Liebe, Milch und „Krankengymnastik“.

Am Freitag konnte es seinen Kopf schon halten und es hatte etwas Bewegung in den Beinchen.
Während wir uns um unser Lämmchen bemühten, kamen weitere Lämmer zur Welt. Die Mütter sind in diesem Jahr allesamt sehr fürsorglich und kümmern sich um ihren Nachwuchs. Am Donnerstag kamen Zwillinge und am Freitag gleich zwei mal Zwillinge zur Welt.

Dazwischen natürlich auch viele Einzelkinder; es ist richtig was los auf der Weide und am Abend ein ziemliches Durcheinander, bis jedes Schaf sein Lamm gefunden hat, weil die älteren schon ab und zu eigene Wege gehen.
Ein Zwillingspärchen vom Donnerstag machte uns etwas Sorgen, die zwei waren unterschiedlich groß und wir beschlossen, das kleinere, das gegen den großen Bruder am Euter der Mutter keine Chance hatte, auch mit ins Haus zu nehmen. Unser zweites Flaschenlamm.

Am Samstag konnte unser Sorgenkind schon mit Hilfe auf seinen vier Beinchen stehen. Nun haben wir Hoffnung, dass er es vielleicht doch noch schafft.

Und dann kamen wieder Zwillinge, wieder ein schwarzes und ein weißes und drei weitere Lämmchen zur Welt. Es wird immer schwerer, den Überblick zu behalten.
Steffen war am Samstag wieder auf einer Remate, einer Tierversteigerung. Ich gehe da nicht mehr mit, weil ich den Anblick der vielen Tiere, die zum Teil in einem fürchterlichen Zustand sind, nicht ertragen kann. Auch Steffen fällt es jedesmal schwer. Aber wir waren auf der Suche nach einem neuen Schafbock für die Zucht und hier bot sich die Gelegenheit, einem Tierchen eine gute Zukunft zu geben. Wir können leider nicht alle armen Schäfchen aufkaufen, auch wenn es einem fast das Herz bricht. Steffen hat ein kleines Böckchen mitgebracht. Ich werde es im nächsten Beitrag vorstellen.