Kälte und Winter – Heizen in Uruguay

Im Atlantik, vor der Küste Uruguay‘s und dem südlichsten Zipfel Brasiliens hat sich vor einigen Tagen ein riesiger Wirbelsturm festgesetzt, hier auf der Südhalbkugel Zyklon genannt. Er saugt die eiskalte Luft der Antarktis an und wirft sie dann gegen die Küste der genannten Länder. Sturmböen mit einer Geschwindigkeit über 110 km/h peitschen die Wellen des Atlantiks, werfen die Wassermassen gegen die Strände, fällen Bäume und decken Dächer ab. Stromleitungen werden gekappt und Straßen blockiert. Aber am Schlimmsten ist die Kälte!

Die allermeisten Häuser in Uruguay sind einfachster Bauweise. Dünne Wände, meist aus Ziegel, Einfachglasfenster und keine Isolierung. In der Stadt, in den modernen Häusern, wird meist mit der Klimaanlage geheizt, die die angewärmte Luft in die Zimmer bläst. Im Wohnzimmer gibt es oft noch einen Kamin, der für angenehme Wärme sorgt. Sobald man die Wärmequellen abstellt, wird es kalt.

Eine Zentralheizung gibt es nicht. Wir waren einmal in einer modernen Villa zu Gast, die über eine Fußbodenheizung verfügte. Ein absoluter Luxus, den man sich leisten können muß. Die Heizung lief über das Stromnetz.

Die einfachen Bauernhäuser auf dem Land haben nur einen Kamin, der den großen Aufenthaltsraum heizt; Küche, Wohn- und Esszimmer in einem. Holz ist, wenn man keine Bäume auf dem eigenen Grundstück hat, sehr teuer. Die Häuser auf dem Land sind kaum größer als die meisten Garagen in Deutschland. Zugig, kalt und wenig gemütlich.

Wenn tagsüber die Sonne scheint, hält man sich draußen auf, bis es dunkel wird und kalt. Dann zieht man sich vor den warmen Kamin zurück. Wenn man denn einen hat. Erschreckend viele Menschen leben hier in Unterkünften, die man nicht als Haus bezeichnen kann. Das sind Verschläge, Bretterbuden und Wellblechhütten, eine Existenz auf unterstem Niveau. Da ist ein Kamin purer Luxus. Oft sitzen die Bewohner vor ihrer Behausung vor einem alten, rostigen Fass, in dem allerlei Unrat verbrannt wird, um sich aufzuwärmen. Und wenn der Alkohol dann seine Wirkung zeigt, verkriecht man sich ins Bett, oder das, das diese Bezeichnung kaum verdient: eine alte Matratze auf Pappkarton, gegen die Kälte von unten notdürftig geschützt.

Diese Menschen trifft der kalte Winter besonders hart, haben sie doch kaum Möglichkeiten, sich gegen die Kälte zu schützen . Ist es tagsüber trocken und sonnig, lässt es sich noch gut aushalten. Aber wehe es regnet! Alles ist nass, feucht und klamm und man hat keine Möglichkeit, die Kleidung zu trocknen. Die Häuser sind ebenfalls feucht und eisekalt. Kondenswasser sammelt sich auf den Fliesen im Bad und dem Fußboden und man bekommt die Feuchtigkeit nicht mehr aus dem Haus. Die Kinder sind ständig krank, leiden unter schweren Erkältungen und Fieber, die Alten unter Rheuma und Schlimmerem.

Geheizt wird unter unwürdigsten Umständen mit allem, was warm macht und mehr oder weniger geeignet ist. Meist, was weniger geeignet ist und so vergeht kein Tag, an dem nicht ein oder mehrere Häuser oder Zimmer in Flammen aufgegangen sind. Viele Bewohner kommen mit dem Schrecken davon und stehen vor dem Nichts, wenn der ganze Besitz ein Raub der Flammen wurde. Viel zu oft kommen Menschen in den Flammen um, vor allem Alte, die im Schlaf überrascht werden oder der Flammenhölle nicht mehr schnell genug entkommen können.

Auch die Obdachlosen sind gegen den Winter in keinster Weise geschützt. Die Regierung schafft Abhilfe, indem sie die Wohnsitzlosen Menschen jeden Abend von der Polizei einsammeln lässt. Die Armen werden in Bussen in Sammelunterkünfte gebracht, wo jeder ein trockenes Bett und eine warme Mahlzeit bekommt und, wenn nötig, medizinisch versorgt wird.

Und wie sieht es bei uns aus?

Unser Haus ist für uruguayische Verhältnisse recht groß und bequem, aber eben auch in hiesiger Bauweise errichtet. Heißt: einfache Ziegelwände, Einfachglasfenster und keine Isolierung. Kurz gesagt: auch bei uns ist es saukalt im Winter, die kalte Luft zieht unter den Türen und zwischen den Fenstern durch, das braucht man gar nicht schön reden. Aber wir haben viele Möglichkeiten, es einigermaßen warm zu bekommen, und diese Möglichkeiten werden alle genutzt!!!!!! An der Eingangstür und einem großen Fenster und dem Durchgang zum Bad und der Bibliothek sind schwere Vorhänge angebracht, die den Luftzug stoppen. Im Bad steht ein kleines Elektrogebläse, das wird angeschaltet, sobald man das Bad betritt. Wir haben zusätzlich einen transportablen Elektroheizer, der uns beim Frühstück wärmt und einen Kerosinofen, der an kalten Tagen den ganzen Tag im Wohnzimmer steht, damit das Haus nicht zu sehr auskühlt. Am Abend sitzen wir vor dem flackernden Kaminfeuer, Holz haben wir ja mehr als genug und zu guter Letzt liegt im Bett noch eine Heizdecke, die zwei Stunden vor dem Zubettgehen in Betrieb genommen wird. Wir haben die Kälte also relativ gut im Griff, aber so ganz komfortabel und bequem ist es manchmal doch nicht. 10 Wochen Winter sind auszuhalten. Uns geht es besser als so vielen anderen Menschen hier, aber auch wir freuen uns jetzt schon auf den Frühling, wenn wir die wärmende Skiunterwäsche, die dicken Wollsocken und unzähligen Fleecepullis wieder in den Schrank verbannen können.

Kerosinofen

Ach ja, falls man nun glaubt, man könnte im Winter zum Aufwärmen ja einmal in ein gemütliches Restaurant, da sieht man sich getäuscht. Hat die Lokalität einen großen Innengrill, auf dem das Fleisch schön vor sich hin brutzelt, so hat man Glück und es schön warm. Die meisten Lokale haben keine Heizmöglichkeit, allenfalls eine Klimaanlage. Wir wohnten vor Jahren in einer kalten Ferienwohnung, wir wollten das ursprüngliche Landleben kennenlernen😁, und flüchteten an einem eiskalten Abend in ein Restaurant. Dort behielten wir Winterjacke, Schal und Mütze gleich an und bestellten uns zuerst einen heißen Tee, damit wir unsere eingefrorenen Finger an der Tasse aufwärmen konnten.

2 Gedanken zu “Kälte und Winter – Heizen in Uruguay

  1. Kälte? Hallo, in so vielen Tabellen zu Wetterdaten steht das es immer schön warm ist bei euch und es eigentlich nur Plusgrade gibt.

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    1. Hallo „dito“
      Das kommt auf die Gegend an. Wir hier haben im Winter in der Nacht meist Frost, weiter im Norden Richtung Brasilien nicht. Tagsüber, wenn die Sonne scheint, und das macht sie meistens, kann es mal bis über 15 Grad gehen. Die gefühlte Kälte ist allerdings schlimmer, weil du, wenn du heim kommst, meist in eine kalte Wohnung kommst.
      Auch an der Atlantikküste kann es selbst im Hochsommer nachts empfindlich kalt werden. Die Temperaturschwankungen sind extrem. Innerhalb eine Tages schon mal 20/25 Grad. Nachts 5, Tagsüber über 25 !!!! Da sind viele Touristen überfordert, denen im Sommer der Fleecepulli fehlt ☺️

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