Typisch Uruguay – Land und Leute

Gestern Nachmittag um 13 Uhr gab es im Ministerium für Arbeit eine große Lotterie. In einer etwa fussballgroßen Kugel aus bronzefarbenem Drahtgeflecht tanzten kleine, ebenso bronzefarbene Bällchen, angetrieben durch eine Handkurbel. Es war die Auszählung einer schon wochenlang vorbereiteten Lotterie. Allerdings konnte man hier kein Geld gewinnen; oder doch, aber eher indirekt!

Was war da los ?

Der Arbeitsmarkt in Uruguay ist katastrophal, die Arbeitslosenzahlen steigen und steigen, viele Menschen leben von der Hand in den Mund. Wer seine Arbeitsstelle verliert, der bekommt sechs Monate Arbeitslosengeld, dann ist Schluss, dann gibt’s nichts mehr, dann bleibt nur der Weg in die Suppenküche.

Das Ministerium für Arbeit hat nun 15.000 auf ein halbes Jahr befristete Arbeitsstellen zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um einfache Tätigkeiten wie Straßenkehren, Müll beseitigen und Grünflächen säubern. Zwei Mal die Woche erfolgt der Arbeitseinsatz, Verpflegung inklusive, für umgerechnet etwa 250 US-Dollar. Das entspricht der Grundrente, die man hier, nachdem man mindestens 15 Jahre versicherungspflichtig gearbeitet hat, monatlich ausgezahlt bekommt, jeder, von der Supermarktkassiererin bis hin zum Anwalt, unabhängig davon, was man verdient hat.

Für die Arbeitseinsätze wurde fleißig Werbung gemacht, im Fernsehen und im Internet. Jeder Arbeitslose ohne Bezüge konnte sich anmelden. Letztendlich standen den 15.000 angebotenen Stellen 227.000 Interessenten gegenüber!

Medienwirksam wurden gestern also die glücklichen Gewinner ermittelt, die dann sofort per SMS benachrichtigt wurden.

Auch die Corona-Pandemie beherrscht weiterhin die Nachrichten. Momentan ist das gesamte Parlament in Quarantäne. Einer der Abgeordneten wurde positiv getestet, obwohl er schon zwei Mal geimpft war. Ebenso erging es einem hochrangigen katholischen Geistlichen, der die Trauerzeremonie des letzte Woche verstorbenen Innenministers geleitet hatte. Übers Fernsehen wurden alle diejenigen zum Test aufgerufen, die sich an besagtem Tag in der unmittelbaren Nähe des Priesters aufgehalten hatten. Auch er trug in der Öffentlichkeit seinen Mundschutz und war bereits zweifach geimpft.

Nachdem sich nun 74% der Bevölkerung zum Impfen angemeldet hat, wird der Rest persönlich aufgesucht. Ein Impfmobil ist nun täglich in den abgelegenen Gebieten unterwegs und impft dort auch ohne Voranmeldung um die 500 Impfdosen. Schlechte oder gar keine Internetverbindung soll kein Hindernis sein.

Obwohl die täglichen Infiziertenwerte wieder extrem steigen und auch die Sterberate immer noch weltweit zu den höchsten gehört, gerechnet nach der Bevölkerungszahl höher als in Indien oder Brasilien, sind seit Montag die Sportstätten und Fitnessstudios wieder geöffnet.

Aufgrund der ungewöhnlich kalten Witterung hat die Regierung die Obdachlosen in Montevideo einsammeln lassen, nachdem einer von ihnen bei Temperaturen unter Null Grad eines Nachts erfroren war. Die Menschen werden nun bis zum Frühling in einer leerstehenden Ferienanlage auf dem Land untergebracht und versorgt.

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