Wenn man als Ausländer in Uruguay ruhig leben will, braucht man Nerven wie Drahtseile und muß mit allem rechnen. Wir haben ja schon so einiges durch, Neues ist aber durchaus immer wieder möglich.
Letzte Woche an seinem Arbeitstag, kurz vor Feierabend, stand Daniel nach getaner Arbeit in der Nähe des Außengrills und sinnierte: „Man könnte doch wieder mal ein Spanferkel grillen“, und sah uns dabei erwartungsvoll an. Wir waren einverstanden und einigten uns auf Mittwoch. Die Wettervorhersage versprach angenehme Temperaturen, sodass wir draußen sitzen konnten.
Gestern also warteten wir auf ein Lebenszeichen von Daniel. Eine Uhrzeit war nicht ausgemacht, wir mussten mit dem Schlimmsten rechnen. Gegen halb sieben am Abend hatten wir die Tiere versorgt. Die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden und es wurde langsam dunkel. Wir entschlossen uns, schon mal Feuer zu machen. Falls er den Termin vergessen hatte, wollte ich für uns die zwei Würste grillen, die ich für den Notfall schon am Morgen aus dem Tiefkühlfach geholt hatte. Um halb acht brannte ein munteres Feuer. Die Funken stoben in alle Richtungen, weil der Wind recht stürmisch wehte. „ Der wird um acht Uhr aufkreuzen, dann noch mal ordentlich Feuer machen, das Schweinchen auf den Grill legen und kurz vor Mitternacht wird dann gegessen“. Keine erfreulichen Gedanken, die uns da durch den Kopf gingen, aber durchaus im Bereich des Möglichen. Das hatten wir alles so oder ähnlich schon erlebt.
Ziemlich genau um acht Uhr kam dann Daniel tatsächlich, seine Familie im Schlepptau. Seine Frau drückte mir eine Limonadenflasche in die Hand. Erwartungsvoll sahen wir die Beiden an. Daniel lobte unser Feuerchen (keine Selbstverständlichkeit ! ) und blickte sich seinerseits neugierig um. Ich hatte Knabberzeug auf dem Tisch stehen und Fainá als Sättigungsbeilage vorbereitet. Fleisch hatte er keins mitgebracht !
Daniel hatte letzte Woche von uns Geld geliehen bekommen. Sein Bruder hat Schweine und damit auch immer Ferkel für den Grill. Der Vorschlag zum Grillen kam von Daniel. Ist es da so abwegig, auf den Gedanken zu kommen, er würde uns als Dank zum Spanferkelessen einladen ? Ja, für einen Uruguayo schon! Hat sich der Kerl doch ganz spontan zum Essen eingeladen und wir haben es nicht kapiert!! Das war wohl ein Missverständnis 😠
Jetzt war guter Rat teuer ! Essen musste her, und zwar schnell! Ich stellte einen Topf mit Kartoffeln auf den Herd und durchstöberte das Tiefkühlfach. Die gefrorenen Würste tauten im heißen Wasser auf und nach einer Stunde konnten wir essen. Es wurde dann doch noch ein ganz gemütlicher Abend, bis die Kinder quengelig wurden und sich die Familie wieder auf den Heimweg machte.