Wie alles begann II

Wer einen Garten und eine Rasenfläche zu Hause hat und weiß, wie die nach drei Wochen Abwesenheit aussehen, kann vielleicht ermessen, was wir vorfanden, als wir nach einem halben Jahr Arbeit in Deutschland wieder in Uruguay ankamen. Der Angestellte wurde ausgetauscht, der zweite hatte noch mehr Pferde und hat auch etwas mehr gearbeitet. Mit ihm haben wir die gigantischen Grünzeughügel vom letzten Urlaub abgefackelt ( alleine hätten wir uns das nie getraut ) und gleich neue für den Folgeurlaub produziert. Die zugewachsenen Flächen konnten wir nicht einfach anzünden. Alles musste von Hand Meter für Meter, Stück für Stück gekürzt und geschnitten werden, das Schnittgut sammelte sich weiter in riesigen Scheiterhäufen. Auch große Maschinen waren nicht einsetzbar. Einfach mit dem Traktor mit angehängter Schneidemaschine drüberfahren und fertig verbot sich von selbst, weil das ganze Gelände mit Granitfelsen und Steinformationen durchsetzt ist. Man sah schlicht nicht, wo die Steine sind. Also weiter, alles in Handarbeit.

Am 6. Juli 2016 sind wir dann endgültig auf dem Campo eingezogen. 2016 war eines der nassesten Jahre, die Uruguay je erlebt hat. Schon im April stand ein Großteil des Landes unter Wasser. Straßen waren überflutet, Brücken zerstört, tausende Tiere ertranken auf den gefluteten Weiden. Wir wurden mit Blitz, Donner, Wassermassen, die vom Himmel stürzten, zwei Zyklonen, die alles durcheinander wirbelten und eiskaltem Wetter empfangen. Der Container mit unserem Hab und Gut kam erst Anfang August, das Haus war zugig und nicht wasserdicht und trockenes Holz für den Kamin hatten wir auch keines!

Aber wir hatten unseren Traum, an dem wir festhielten und der uns durch die erste Zeit leitete.

Den naiven Gedanken, das Grundstück zum großen Teil Mutter Natur zu überlassen, haben wir ganz schnell aufgegeben. Aber zu zweit, oder, mit unserem Angestellten, teilweise zu dritt, per Hand 22 Ha sauber zu halten, war ebenso illusorisch. Der Zufall, oder besser: das nasse Wetter, kam uns dann zu Hilfe. Unser Angestellter hatte 8 Schafe, die auf seiner Wiese bis zum Bauch im Wasser standen. Außerdem brauchte er Geld. Die Tiere wechselten den Besitzer; so kamen wir zu unseren ersten Schafen.

Nach etwa einem Jahr Daueraufenthalt auf dem Campo waren wir mit der ersten Säuberung durch. Die Schafe und Pferde fraßen sich durch das Dickicht und weideten auf den Grünflächen, die wir nach und nach geschaffen hatten. Die meisten Bäume hatten nun einen Stamm und eine Krone, so, wie sich das gehört. Alles andere hatten wir weggeschnitten. Damit das so bleibt, wurden fünf Ziegen angeschafft, die uns die Arbeit in Zukunft abnehmen sollten. Die Schafe bekamen Nachwuchs und sorgten dafür, dass die entstandenen Weideflächen schön sauber blieben.

Nach der ersten Säuberung wuchs natürlich das Gras wieder nach, soviel Tiere zum Abfressen hatten wir dann doch nicht. Den Angestellten mit seinen 50 Pferden hatten wir im Laufe des Jahres entlassen und schufteten nun zu zweit weiter, bis uns unser dritter Angestellter über den Weg lief: Daniel, der uns heute noch einen Tag pro Woche behilflich ist.

Nachdem ein Großteil des Gestrüpps entfernt war, bekam der Boden plötzlich wieder Luft und Sonne. Der Weg war frei für die meterhohen Disteln, mit denen wir uns immer noch abmühen. Und dann begann die Zeit des Abbrennens. Keine Brandrodung, eher ein kontrollierter Flächenbrand, um dem Wildwuchs Herr zu werden.

Jetzt, nach vier Jahren harter Arbeit, haben wir das Land recht gut im Griff. Die Tiere haben genug Weideland, um sich ordentlich satt zu fressen, der Urwald hat sich in einen gepflegten Landschaftspark verwandelt. Mit Muskelkraft, Tieren und dem ein oder anderen Feuer haben wir das Land gezähmt, urbar gemacht. Wir haben viel dazu gelernt, einige Fehler gemacht, aber vor allem: uns unseren Traum erfüllt, der so viel schöner, interessanter und gewaltiger geworden ist, als wir es uns je hätten vorstellen können.

Acht Jahre im Schnelldurchlauf! Seit vier Jahren führe ich praktisch Tagebuch in Form der Blog-Beiträge. Wer es genauer wissen will, was so alles passiert ist, in den vergangenen vier Jahren, darf sich gerne durch die Beiträge lesen. Einige treue Leser sind ja von Anfang an dabei.

Wir wünschen euch weiterhin gute Unterhaltung.

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