Kettenreaktion

Wir saßen gestern Nachmittag gerade am Tisch, um eine Kleinigkeit zu essen, als draußen der Hund wie wild anfing zu bellen. Wir haben ihn seit einigen Wochen an der Leine, weil er immer wieder das Weite suchte, stundenlang nicht zurück kam und wohl auch von den Nachbarn durchgefüttert wurde. Tagsüber liegt er nun angeleint im Schatten der Ombú-Bäume. Ich ging nach draußen, um nachzusehen, was denn los sei. Der Hund liegt etwa zehn Meter vom Haus entfernt hinter der Lavendelhecke. Als erstes entdeckte ich den Iguana, der mir gemütlich entgegen gewatschelt kam. Wie nach einer Flucht vor dem Hund sah mir das nicht aus. War der Hund so wild, weil er den Iguana nicht jagen konnte? Inzwischen wechselte das Bellen in schrilles Jaulen. Als ich den Hund dann sah, bemerkte ich die Katastrophe: Bienen, tausende Bienen! Der Hund war voll davon, jaulte immer wilder, die Bienen waren ebenso wild und schwirrten überall.

Der Iguana hatte wohl im Bienennest des zweiten Ombú-Baumes den Honig gefressen, sie damit in volle Rage gebracht und die Bienen stürzten sich auf alles, was sich bewegte. Der Hund hatte keine Chance, den Biestern zu entkommen. Ich stürzte ins Haus um eine Schere zu holen und schnappte mir noch schnell ein Betttuch, das nach der letzten Wäsche noch herum lag. Das stülpte ich mir über den Kopf und rannte an Steffen vorbei, der gar nicht begriff, was eigentlich los war. Ich rannte mitten hinein in die Bienen und den tobenden Hund, der auf mich springen wollte, als er mich sah. Die Leine war schnell durchgeschnitten. Ich gab dem Hund einen Tritt, weil er nicht von mir ablassen wollte und schrie: Lauf! Lauf!

Endlich war er weg. Mehr sah ich nicht. Ich hatte eigene Probleme. Die Bienen hatten ein neues Opfer gefunden: Mich! Das Bettuch lag am Boden. Ich rannte zurück zum Haus. Steffen zerrte mich hinein, mit einer Spraydose bewaffnet und schloss die Tür. Ich riss mir die Kleidung vom Leib, die Bienen waren überall. Steffen besprühte mich mit Insektengift und schlug die Bienen, denen er habhaft wurde, tot. Ich versuchte mit einer Bürste, die Bienen aus den Haaren zu bekommen. Irgendwann verstummte dann auch das letzte Summen. Ich hörte auf zu schreien, stand dann einfach da, unbeweglich vom einsetzenden Schmerz. Langsam kam mir jetzt auch ins Bewusstsein, was ich da eigentlich gemacht hatte!

Widerstandslos schluckte ich die vielen Cortisontabletten, die Steffen aus dem Blister drückte. Es bestand keine Gefahr. Glücklicherweise stecke ich die Bienenstiche ganz gut weg. Ich bin weder allergisch noch reagiere ich mit großen Schwellungen darauf. Es tat einfach nur höllisch weh! An der Hand, am Fuß, am Bein und vor allem am Kopf hatten sie mich gestochen. Im Gesicht, an den Ohren, am Hals und Nacken und vor allem an der Kopfhaut. Es waren etwa 15 bis 20 Stiche . Ich hatte Glück gehabt!

Als der Adrenalinspiegel im Blut sank, übermannte mich die Müdigkeit und ich verbrachte den Nachmittag auf dem Sofa. Steffen sah alle paar Minuten nach mir, bereit, mich im Notfall sofort ins Krankenhaus zu fahren.

Am Abend, nach etwa vier Stunden, hatte ich den Spuk überstanden. Die Schmerzen waren weg, ich fühlte mich wieder fit. Wir versorgten also gemeinsam die Tiere und suchten und riefen dann nach unserem Hund. Er blieb verschwunden.

Auch Heute morgen war er nicht da. Wenn die Bienen ihn in Nase und Maul gestochen hatten, ist er längst tot. Aber wir hoffen, wenn er Hunger bekommt, dass er wieder zurück kommt. Daniel weiß Bescheid, falls der Hund irgendwo herumstreunt, dass er ihn einfängt. Jetzt hilft nur noch Warten und Hoffen .

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