Weder noch!
Als ich vor einigen Monaten von einem Besucher, nachdem ich stolz meine Speisekammer gezeigt habe, als „Prepper“ bezeichnet wurde, musste ich später im Internet erst einmal nachlesen, was sich hinter diesem Begriff verbirgt. Ich habe damals verneint, weil das Wort auf mich einen negativen Eindruck machte, ohne dessen Bedeutung zu kennen.
Was ich dann zu lesen bekam und vor allem auch das, was wir jetzt in einigen Gesprächen mit Freunden in Deutschland erfahren haben, bestätigte meinen ersten Impuls.
Wir haben eine gut gefüllte Speisekammer, die uns bei Bedarf und bei sparsamer Einteilung acht bis zehn Wochen ernährt. Nicht, weil wir mit irgendwelchen Katastrophen rechnen, sondern vor allem aus Bequemlichkeit und ökologischen Gründen. Die nächste Einkaufsmöglichkeit ist 11km entfernt, eine Tankstelle, dort gibt es das nötigste. Nach Tarariras sind es schon 21 km. Die Fahrten dorthin kosten Zeit und Geld. Wenn es nicht unbedingt nötig ist, lassen wir das Auto stehen und so kann es vorkommen, dass wir den Campo mal zwei Wochen nicht verlassen. Und dann wollen wir trotzdem noch abwechslungsreich und lecker essen !
Das mit der Selbstversorgung ist eine andere Sache. Wir haben ja keinen funktionierenden Bauernhof übernommen, sondern haben ganz bei Null angefangen. Drei Jahre hat der Aufbau gedauert und mittlerweile haben wir das Gefühl, einen ordentlichen Grundstock geschaffen zu haben. Die Ideen dazu kamen uns meist während der Arbeit und so entstand nach und nach, ohne dass es von Anfang an so geplant war, eine funktionierende Schafzucht und ein kleiner Bauernhofbetrieb. Viele Wünsche und Ideen mussten wir auch verwerfen, weil zum einen die Bodenbeschaffenheit oder die klimatischen Verhältnisse nicht passten. Was in Deutschland wächst, tut es hier noch lange nicht, zudem sind viele Pflanzen, die wir kennen, hier einfach nicht zu bekommen. Wir mussten also umdenken und sehr flexibel sein, uns an die Gegebenheiten anpassen.
Wir haben, sozusagen, eine dreijährige Lehrzeit hinter uns und sind auf das, was wir in dieser Zeit gelernt und geleistet haben, unheimlich stolz. Wir haben viele Freunde in Deutschland, die uns mit ihren Erfahrungen mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind. Durch die Besuche und interessanten Gespräche sind auch einige neue Bekanntschaften hinzugekommen. War früher die Apotheke unser Hauptthema, ist es heute Ackerbau und Viehzucht. Wir kommen mit Schaf- und Ziegenzüchtern in Kontakt, bekommen von alten Bäuerinnen Tips für den Gemüsegarten, und viele Hobbygärtner teilen gerne ihre eigenen Erfahrungen und Misserfolge mit uns. So können wir aus einem reichen Erfahrungsschatz schöpfen. Die Themen gehen dabei wahrscheinlich nie aus.
Mit der Schafhaltung kommen wir sehr gut zurecht. Die Tiere halten uns die Landschaft sauber, sind uns durch ihren ruhigen, zufriedenen Charakter sehr ans Herz gewachsen und liefern uns zudem noch Fleisch für die abwechslungsreiche Ernährung. Gleiches gilt auch für unsere Ziegen. Die Hühner machen kaum Arbeit und versorgen uns mit Eiern. Hier klappt die Selbstversorgung also schon ganz gut. Obst und Gemüse liefert der Garten, jedes Jahr etwas mehr. Aber komplett aus dem eigenen Anbau werden wir uns nie ernähren. Und das wollen wir auch nicht, weil einfach die Zeit und Energie, die wir hier hineinstecken, zu hoch ist. Wir müssten uns von morgens bis abends der Lebensmittelproduktion widmen, und dazu haben wir keine Lust. Es gibt noch so viele andere schöne Dinge, mit denen wir uns beschäftigen können, den Tieren oder der Parkgestaltung zum Beispiel. Deshalb überlassen wir den Obst- und Gemüseanbau den Bauern, die sich darauf spezialisiert haben und kaufen bei ihnen ihre Produkte nach Saison. Das wird dann verarbeitet und eingekocht. Eine Tiefkühltruhe haben wir wegen der manchmal sehr unzuverlässigen Stromversorgung nicht. Außerdem finden wir es einfacher, sich am Abend nach Lust und Laune in den vollen Regalen inspirieren zu lassen. Deckel auf , warm machen, fertig. Da muss nichts aufgetaut werden, die Wartezeit fällt weg.
Unsere Speisekammer wird also weiterhin gut gefüllt sein. Es gibt ja auch nicht alles überall. Wir haben hier kein „Kaufland“, wo man auf mehr als 1000m2 alles in den Einkaufswagen laden kann. Einige Produkte bekommen wir nur in Montevideo, andere wiederum kaufen wir in einem speziellen Laden in Colonia. Da wird natürlich gleich im großen Pack eingekauft, damit es für die nächsten Monate reicht. Denn gerade in die Hauptstadt fahren wir nur zwei bis drei Mal im Jahr, nach Colonia etwa alle zwei Monate.
Aber, und auch das muss mal erwähnt werden, weil wir doch oft danach gefragt werden : wir vermissen hier nichts ! Es gibt in Uruguay alles zu kaufen, was wir brauchen und möchten. Man muss nur wissen, wo ! Wir müssen auf nichts verzichten. Und mit den vorhandenen Zutaten kann ich alles machen. Wir essen Maultaschen ebenso wie selbstgemachte Spätzle, auch einen Sauerbraten gibt es hin und wieder und mit Gulasch und Rouladen wurden schon viele Gäste verwöhnt. Dazu gab es dann Kartoffel- oder Semmelknödel !
Verzicht sieht anders aus 😅
Und wenn doch mal was fehlt, wird es beim nächsten Deutschlandurlaub in den Koffer gepackt, oder einer der Besucher bringt uns einen Herzenswunsch mit.