Osterlämmchen

Die seit Wochen anhaltende Trockenheit und die dadurch schlechte Grasqualität fordern ihren Tribut: einige unserer trächtigen Schafe haben durch Frühgeburten ihre Lämmer verloren. Bis jetzt fünf Lämmchen kamen viel zu früh zur Welt und waren nicht zu retten gewesen.

Wir hatten am Ostermontag am Abend die Herde schon im Gehege, als wir einen letzten Blick über die Weide warfen und noch ein Schaf entdeckten, das auf der Wiese lag. Es war nicht mit der Herde zurück gekommen, also war es wahrscheinlich krank und wir gingen hin, um nach ihm zu sehen. Beim Näherkommen bemerkten wir in einiger Entfernung ein neugeborenes Lamm liegen. Es war noch blutverschmiert, die Mutter hatte es nicht abgeleckt und kümmerte sich nicht darum. Es war völlig ausgekühlt und apathisch, atmete aber noch. Ich wickelte es in meine Jacke, danach trieben Steffen und ich die Mutter zu der Herde ins Gehege. Die Geburt war noch im Gange, sie erwartete Zwillinge, schien dem Nachwuchs aber keine Chance zu geben. Zwischen den Wehen fraß sie ruhig weiter. Von ihrem Erstgeborenen wollte sie nichts wissen. Dieses Verhalten zeigen die Schafe oft, wenn der Instinkt ihnen sagt, dass die Lämmer nicht lebensfähig sind, sich der Aufwand also nicht lohnt. Tatsächlich hat sie in der Nacht dann noch ein totes Lamm geboren. Für das Schaf war die Sache erledigt, für uns fing sie erst an.

Wir werden oft gefragt, ob sich der Aufwand, den wir mit den Lämmern treiben, auch lohnt. Und oft werden wir sicherlich auch belächelt. Finanziell lohnt sich das auf jeden Fall nicht. Aber wir können die Lämmchen nicht einfach liegen und der Natur ihren Lauf lassen! Am Dienstag morgen wäre von dem Lamm nichts mehr da gewesen, die Geier warteten schon und zogen über dem Schaf und ihrem Neugeborenen ihre Kreise .

Solange sie atmen, solange sie leben, kämpfen wir um jedes kleine Lämmchen. Die Kosten für Windeln und Milch zählen für uns nicht, das muss sich nicht rechnen ! Seit vier Tagen päppeln wir nun unseren „Schwarzpunkt“ auf, geben alle paar Stunden Milchfläschchen und wechseln die Windeln, er schläft im Waschkorb, weich gebettet in eine Wolldecke. Wie bei Menschenbabies auch ist die Lungenreife oft das größte Problem. Er atmet schwer, hat aber einen ordentlichen Appetit und Bewegungsdrang. Wenn er die nächsten vier/fünf Tage noch übersteht, hat er gute Chancen zu überleben. Wir geben die Hoffnung nicht auf und kümmern uns rund um die Uhr um ihn. Er dankt es uns mit einer rührenden Anhänglichkeit. Für uns lohnt es sich deshalb immer, um jedes einzelne Lämmchen zu kämpfen.

Wir haben von einem guten Freund Wintermäntelchen, die eigentlich für Hunde sind, geschenkt bekommen. Gut geschützt kann unser „Schwarzpunkt“ ( er hat einen schwarzen Punkt auf dem Rücken, ansonsten ist er weiß) auch bei kaltem Wind einen Spaziergang im Park unternehmen, damit er mal ein großer, starker Schafbock wird !

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