Wir haben gerade lieben Besuch aus Deutschland. Bei unseren Fahrten durch das Land, bei denen wir stolz unsere neue Heimat präsentieren, wird uns bewusst, wie sehr wir uns schon angepasst haben. Dinge, die für uns völlig normal sind, lösen bei unseren Freunden erstauntes Kopfschütteln oder ungläubiges Staunen aus.
Er ist Automechaniker, deutscher Automechaniker !! und kann nicht fassen, was hier so alles herum fährt. Von den fast einhundert Jahre alten Oldtimern fasziniert und total entsetzt, wenn uns mit Kabelbindern, Klebestreifen und Schnüren zusammengehaltene Rostlauben entgegen kommen ! „Aber es fährt noch „, erklären wir ihm immer wieder lachend ! Originalteile sucht der Profi bei genauerem Hinsehen oft vergeblich. Alles wird halt irgendwie zusammengebastelt.
Auch das Tanken wird zum Abenteuer. Wer hier der spanischen Sprache nicht mächtig ist, kommt ins Schwitzen. Wir fahren an die Zapfsäule und bleiben sitzen. Sofort eilen dienstbare Geister herbei. Vielerlei Fragen prasseln auf uns ein: was wird gewünscht? Volltanken, Scheiben putzen, Kühlwasser auffüllen, Reifendruck prüfen ? Wir haben uns an diesen Service schon so gewöhnt, dass wir bei unserem letzten Deutschlandurlaub mit dem Mietwagen zur Tankstelle fuhren und uns wunderten, dass niemand kam. Erst nach einigen Sekunden hatten wir begriffen und sahen uns fragend an :“Wer steigt aus und tankt?“
Auch die Beschilderung ist oft Thema der Unterhaltung. Sie ist der Deutschen sehr ähnlich, aber eben nur fast . Es gibt ein Schild, das bedeutet das genaue Gegenteil, andere gibt es gar nicht. Einbahnstraßen erkennt man man den Pfeilen, die an den Straßennamensschildern oder praktischer Weise am Bordstein angebracht sind ! Ob man Vorfahrt hat oder nicht, zeigt ein Blick nach rechts. Hat der Verkehr von dort ein Stoppschild, ist die Regelung klar, ansonsten muss man sich auf sein Bauchgefühl verlassen.
Wir waren auch wieder in „nuevo Berlin“ , dem verschlafenen Nest am Rio Uruguay. Wie verschlafen, merkten unsere Freunde beim Eintritt in die moderne, vollklimatisierte Touristeninformation. Eine der drei freundlichen Damen erkannte mich doch tatsächlich wieder! Unser letzter Besuch lag mehr als dreizehn Monate zurück ! Sie konnten immer noch kein Wort Deutsch, freuten sich aber aufrichtig über unseren Besuch und präsentierten stolz das Stück Berliner Mauer im Schaufenster. Wir waren heute die einzigen Gäste, wahrscheinlich der ganzen Woche !
Auch eine traditionelle Reitveranstaltung stand auf dem Programm. Wir besuchten am Sonntag ein Rodeo. Die Reiter in ihrer typischen Gaucho-Kleidung gaben herrliche Fotomotive ab. Ebenso das einheimische asado. Unsere Freunde kamen aus dem Staunen nicht heraus. Fleisch mit Fell !! brutzelte über der Holzglut. So etwas hatten sie noch nie gesehen. Mit Klappstuhl, Holzbrettchen und Besteck bewaffnet, suchten wir uns ein schattiges Plätzchen, kauften drei Kilo Fleisch und ließen es uns schmecken. Nach einer gefühlten Ewigkeit begann dann auch das Rodeo. Eine schweißtreibende und durstige Angelegenheit bei 39 Grad !! Dass wir die einzigen Ausländer auf dieser Veranstaltung waren, muss ich nicht extra erwähnen ?