Am Freitag fuhren also Steffen und Daniel nach Miquelete zum Tierarzt. Dieser war wieder unterwegs, aber sein Vater, der in der Praxis die Stellung hielt, stellte per Handy eine Verbindung her. Die Diagnose war anhand der Fotos schnell gestellt. Es waren Parasiten, die sich in die Leber fraßen. Es musste schnellstmöglich ein Medikament gespitzt werden !
Mit einer großen Flasche und einigen Einwegspritzen kamen die zwei dann wieder nach Hause und ich fragte naiv nach, wann denn der Tierarzt zum Spritzen vorbei kommt. Gar nicht, war die Antwort. Die Injektionen waren unsere Sache. Na toll ! Ich sollte das großzügiger Weise übernehmen, ich hätte da ja Erfahrung ! Ich hab im Leben noch nie ein Tier geimpft, und Menschen haben kein Fell, schon gar keine Winterwolle von fast 15 cm Länge ! Aber sträuben war nicht drin ! Also haben wir um 16 Uhr wieder alle Tiere zusammengetrieben und ich habe 58 Schafe gespritzt. Ich habe dann doch noch eine Stelle ohne Wolle gefunden. Es war allerhöchste Eisenbahn ! Bis am Sonntag sind uns dann noch zwei Schafe gestorben, auch eines mit einem Lamm war dabei. Damit hatten wir also drei Lämmer zur Pflege in der Wohnung. Gut nur, daß sich das Lamm von uns versorgen ließ, was nicht selbstverständlich war.
So langsam kam ich ans Ende meiner Kräfte. Das Spritzen der Schafe war Schwerstarbeit. Am Abend spürte ich jeden Muskel. Ausruhen gabs nicht. Drei Lämmer schrieen nach der Milchflasche und wollten versorgt werden. Am Montagmorgen starb dann das Minilämmchen, das uns sehr ans Herz gewachsen war. Ich heulte Rotz und Wasser und wollte einfach nicht mehr ! Wir brachten es nicht übers Herz, den kleinen Körper einfach in einen Müllsack oder den Brandhaufen zu werfen. Wir beerdigten es zwischen den Rosen. Danach kam der nächste Schlag : beim nächsten Nachbarn, der auch Schafe hält, war ein ansteckender Husten ausgebrochen. Einige Schafe waren schon erstickt. Er gab schnellstmöglich ein Medikament und riet uns, schleunigst das gleiche zu tun.
Also trieben wir die Schafe am Abend das dritte Mal in Folge zusammen. Ich wollte nicht mehr. Ich war am Ende meiner Nerven und einem Zusammenbruch nahe. Aber irgendwie ging es dann doch. Wenn wir die Schafe schon zusammen haben, konnten wir gleichzeitig zur Impfung die Lämmer mit Ohrmarken versehen, die Schwänze abklemmen und diejenigen, die in Frage kamen, kastrieren. Wenn schon, denn schon ! Wir rissen uns alle zusammen und arbeiteten wie die Irren ! Diesmal sollten auch die Lämmer geimpft werden. Wir besprachen den Ablauf, bereiteten alles vor und hatten tatsächlich nach etwas mehr als zwei Stunden fast 100 Schafe verschafft. Da wir ja jedes Schaf in den Händen hatten, konnten wir feststellen, daß bei den erkrankten Schafen mit den dicken Hälsen die meisten wieder fit und gesund waren. Die Schinderei hatte sich also gelohnt !
Mit schmerzenden Gliedern und total erschöpft fielen wir in einen Betäubungsschlaf, aus dem uns erst am Morgen der Wecker wieder unsanft in die Wirklichkeit holte. Meine beiden Lämmer hatten durchgeschlafen und halten es bis jetzt auch schön brav durch. So langsam geht es wieder aufwärts. Keine neuen Katastrophen. Die Routine hält wieder Einzug und wir kommen langsam zur Ruhe. Es kamen zwei neue Lämmchen zur Welt, groß genug und putzmunter. Die Angst sitzt immer noch im Nacken, aber es wird besser. Wir schlafen wieder durch, sind am Morgen ausgeruht und die Nerven haben sich auch wieder beruhigt.
Die Nacht über war es sehr stürmisch. Auch am Tag nahm der Wind nicht großartig ab. Jetzt hat am Mittag der Wetterdienst den höchsten Alarm ausgegeben. Alarmstufe rot ! Die Schulen wurden geschlossen. Vom Aufenthalt im Freien wird abgeraten. Es ist wohl ein heftiger Sturm im Gange. Wir haben die Wassertanks aufgefüllt und die Akkus aufgeladen und harren nun der Dinge, die da kommen sollen ( oder auch nicht. Das weiß man nie so genau ) Derweil koche ich weiterhin fleißig meinen Zitronensirup. Wir haben am Sonntag wieder über 20 kg Zitronen geschenkt bekommen. Auch der Likör hat lange genug gezogen und wird heute gefiltert und in Flaschen gefüllt.