Machen Schafe Yoga ?

Immer, wenn ich glaube, jetzt kann mich eigentlich nichts mehr überraschen, werde ich eines Besseren belehrt.

Wie jeden Morgen begrüßte ich vor einigen Tagen meine Herde mit  einem fröhlichen „ guten Morgen“. Lizzy und die Ziegen bekamen ihren persönlichen Schmatz, die Schafe grüßten mit einem „mähmäh“ zurück. Nachdem die morgendliche Routine beendet war, verliesen alle die Nachtweide, um draußen den Tag beim Fressen zu verbringen. Nachdem ich das Tor wieder verschlossen hatte, machte ich  meinen Kontrollrundgang über die Weide. Zwei Schafe waren zurück geblieben. Eines hatte vor einigen Minuten ein Lamm zur Welt gebracht, bei der anderen stand die Geburt kurz bevor. Die Beiden durften sich mit dem Nachwuchs ausruhen und zurück bleiben.

Ich ging also Richtung Hühnerstall und kam dabei an einem auf dem Boden liegenden Baumstamm vorbei. Er liegt schon einige Jahre hier herum und verrottet vor sich hin. Im Vorbeigehen bemerkte ich aus den Augenwinkeln vier nach oben gestreckte Beine. Ich stutzte und sah genauer hin. Tatsächlich, vier braune Beine streckten sich in den Himmel. Das dazugehörige Schaf bewegte sich nicht. Ich stubste es kurz an, bemerkte aber keine Reaktion. „ Othello ist tot“ , ging es mir durch den Kopf. Othello ist unser erstes schwarzes Lämmchen der Saison. Er ist mittlerweile über vier Monate alt und hat eine sehr charakteristische Stimme. Er blökt ziemlich häßlich, man hört ihn aus der Herde immer heraus. Deshalb bekam er einen Namen. Ansonsten bleiben die Lämmer grundsätzlich namenlos. Zu den Schafen ist es sehr schwer, einen Bezug aufzubauen. Das gelingt nur mit einigen wenigen, allerdings nur mit den Männchen. Ein weibliches Schaf hat noch nie Kontakt zu uns aufgenommen. Sie beäugen uns lieber aus einiger Entfernung.

Othello lag also mit nach oben gestreckten Beinen hinter dem Baumstamm, wie festgefroren. Ich packte ihn an den Beinen und wollte ihn hochheben. Liegenlassen konnte ich ihn schließlich nicht. Ich hatte ihn gerade angehoben und der Kopf baumelte am Boden, als er plötzlich die Augen öffnete und mich ziemlich böse anstarrte. Ich erschrak, lies ihn aber nicht los. Dann kam Leben in das Bürschchen !! Er zappelte wie wild, befreite sich aus meinem Griff und rannte schreiend davon. Hatte ich ihn aus dem Tiefschlaf geweckt ?

Ich war völlig irritiert. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Normalerweise liegen die Tiere mit angewinkelten Beinen auf dem Bauch, um den empfindlichen Bauch vor Angriffen zu schützen. Niemals würde sich ein Schaf auf den Rücken legen und die Beine nach oben strecken, und schon gar nicht tief und fest schlafen. Um nicht umzufallen, hatte er sich ja noch gegen den Baumstamm gelehnt.

Ich ging dann schließlich in den Hühnerstall, um das Federvieh zu füttern und hoffte, daß mir Steffen die Geschichte auch glaubt, wenn ich sie ihm heute Abend nach seiner Rückkehr erzählen würde. Hat er ! Denn auch er fand eines Morgens seinen Octavio  tief schlafend, auf der Seite liegend, die Beine weit von sich gestreckt, sodass er anfangs dachte, sein Liebling sei tot.

Es gibt nichts, was es nicht gibt !!!

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