Krank sein in Uruguay

Trotz aller Vorsicht lässt es sich eine Verletzung manchmal nicht vermeiden. Ich bin vor zwei Wochen in Gummistiefeln über die Weide gerannt und mit dem linken Fuß in eine Vertiefung geraten. Der Fuß steckte fest, der Rest des Körpers hatte noch zu viel Schwung. Mit einer nicht ganz so eleganten Drehung versuchte ich einen Sturz zu vermeiden. Das gelang zwar, das linke Knie allerdings musste die ganze Wucht auffangen und reagierte mit heftigem Schmerz. Die nächsten Tage humpelte ich also, versuchte aber, den Schmerz zu ignorieren und weiter zu arbeiten, als sei nichts geschehen. Das war ein Fehler. Vergangenen Samstag war ich im Gemüsebeet zu Gange, als das geschundene Knie beschloss, dem ganzen Einhalt zu gebieten. Es stellte die Funktion vollständig ein, heftigste Schmerzen liesen mich zusammensacken. Da hing ich nun hilflos am Beetzaun, unfähig, auch nur noch einen Schritt zu tun.  Um Hilfe rufen war zwecklos, Steffen war auf dem Acker Heu machen. Einfach hinsetzen und abwarten ging auch nicht, das ganze Bein schmerzte höllisch. Also stützte ich mich auf die Harke und arbeitete mich Millimeter für Millimeter Richtung Haus. Es lagen etwa 15 Meter vor mir, das kam mir weiter vor als die 42 km beim Marathon ! Hüpfen auf dem gesunden Bein funktionierte nicht, weil jede Erschütterung Schmerzwellen durch die linke Seite jagte. Irgendwie schaffte ich es dann doch ins Haus und alarmierte über das Handy Steffen, der sich auch gleich auf den Weg nach Hause machte.

Es gibt in Uruguay keine niedergelassenen Ärzte. Im Rahmen der Krankenversicherung macht man einen Vertrag mit einem Krankenhaus, das einem dann rund um die Uhr zur Verfügung steht. Wir sind also dann am Samstag- Nachmittag in die Notaufnahme des Krankenhauses nach Tarariras gefahren. Die Bevölkerung von  Tarariras war gesund und ich damit die einzige Patientin. Ich fühlte mich, trotz der Schmerzen, herzlich willkommen geheißen. Eine nette Krankenschwester holte mich mit dem Rollstuhl am Auto ab, sodass ich keinen Schritt mehr laufen musste. Eine überaus freundliche Ärztin war nach wenigen Minuten zur Stelle und untersuchte mein Knie. Man legte eine Infusion,  über die ich schmerzstillende Medikamente verabreicht bekam. Alles lief so ruhig und friedlich ab, wie man es sich als Patient nur wünschen kann. Die Ärztin verschrieb noch einige weitere Medikamente. Die Rezepte löste Steffen dann auch gleich in der Krankenhausapotheke ein. Wir sollten uns am Montag dann wieder melden und wurden ins Wochenende verabschiedet.

Die Damen von der Verwaltung hatten sich dann bis am Montag- Mittag um einen Termin für eine Endoskopie gekümmert. Das finde ich äußerst praktisch. Man muß sich nicht selbst um einen Termin beim Facharzt bemühen, alles wird automatisch erledigt. Schon am folgenden Samstag habe ich nun einen Termin zur weiteren Behandlung.

Wir sind mit dem Gesundheitssysthem in Uruguay bisher sehr zufrieden. Als Patient werden wir nicht als Nummer oder Fall behandelt sondern als das was wir sind: als Mensch ! Man wird mit dem Vornamen angesprochen und hat immer das Gefühl, gut aufgehoben zu sein. Übermüdete oder gestresste Ärzte und Krankenschwestern sind uns noch nicht begegnet, alle sind sehr nett und hilfsbereit, jeder nimmt sich Zeit, Hektik ist hier eh ein Fremdwort. Wir bezahlen jeder umgerechnet etwa 15€ pro Monat als Beitrag. Unser Krankenhaus hat Niederlassungen in jedem größeren Dorf oder Stadt in ganz Uruguay. Ganz egal, wo wir sind und wo wir Hilfe brauchen, können wir sie auch in Anspruch nehmen. Natürlich ist nicht jede Fachrichtung überall vertreten und man muß unter Umständen eine ziemliche Strecke fahren. In unserem Fall ist ein Großteil der Fachärzte aber in Colonia, und dahin fahren wir knapp eine Stunde. Also alles noch machbar. Und die Erstversorgung ist immer gewährleistet.

Bei den Medikamenten und Untersuchungen muß eine Zuzahlung geleistet werden, die sich aber meistens im einstelligen Eurobereich bewegt. Die Erstversorgung ist immer kostenlos!

Ich wurde also zum Nichtstun verdammt. Die Bänder am Knie waren nicht gerissen, nur aufs äuserste gedehnt. Also stillhalten, brav die Medikamente zur  Abschwellung schlucken und abwarten. Wer mich kennt, weiß, daß so eine aufgezwungene Auszeit für mich die Hölle ist. Ich lass mir ja gerne mal ein oder zwei Tage Ruhe und Nichtstun gefallen, dann aber verlässt mich die Geduld. Mich juckt es in den Fingern, ich will mich bewegen, endlich wieder was tun, meine Tiere versorgen, im Beet wühlen und Rasenmähen. 15 Tage soll ich ausharren, hat die Ärztin gesagt. Mal sehen. Bisher habe ich mich, fast 😉, dran gehalten.

4 Gedanken zu “Krank sein in Uruguay

  1. Zeit heilt

    Zwei Grundrezepte kennt die Welt:
    Zeit heilt, und zweitens, Zeit ist Geld.
    Mit Zeit, zuvor in Geld verwandelt,
    Ward mancher Fall schon gut behandelt.
    Doch ist auch der nicht übel dran,
    Der Geld in Zeit verwandeln kann
    Und nicht von Wirtschaftsnot bewegt,
    Die Krankheit – und sich selber – pflegt.
    Doch bringts dem Leiden höchste Huld,
    Verwandelst Zeit du in Geduld!
    Von Eugen Roth

    Liebe Grüsse und einen guten Heilungsprozess wünscht
    Lothar

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    1. Vielen Dank, Lothar ☺️
      Ich verwandle tatsächlich momentan die Zeit in Geduld, und meist gelingt das auch. Mit einem guten Buch in der Hand fällt es nicht ganz so schwer.

      Euch ein schönes Wochenende

      LG Gabi

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  2. Also:Gutes Durchhalten und gute Besserung Es ist bestimmt nicht so einfach wenn man die Arbeit sieht. ..liebe Grüße von der Freitagabendcrew!!Conny und Birgit

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