

Ich muß ganz ehrlich zugeben : die Haltung von Ziegen haben wir unterschätzt. Sie sind mit Schafen nicht zu vergleichen, mit denen wir relativ wenig Arbeit haben, obwohl wir momentan wieder ein kleines Lamm als Patient haben. Die Schwanzwunde hat sich leider entzündet, sodass wir jetzt jeden Abend das Kleine zur Behandlung einfangen müssen. Wir hatten es zwei Abende an der Leine, es gebärdete sich aber so hysterisch und lies sich gar nicht beruhigen. Also beschlossen wir, es wieder laufen zu lassen und lieber jeden Abend schnell zu fangen. Darin sind wir mittlerweile sehr geübt und stellt kein großes Problem mehr dar.
Ganz anders unsere stets neugierigen Ziegen. Sie kommen jeden Tag auf neue Ideen den Zaun zu überwinden und in den angrenzenden Grundstücken nach Futter zu suchen. Man sollte meinen, 8 Ha seien groß genug, aber getreu dem Motto : hinter dem Zaun ist alles besser, machen sie sich jeden Tag aufs Neue auf die Suche nach einem Schlupfloch. Die Gier treibt sie dann auch durch das kleinste Loch hinaus, nur zurück finden sie nicht mehr. Plötzlich ist da alles so eng, sie bleiben mit den Hörnern hängen und schreien gar fürchterlich, damit die Zweibeiner sie so schnell wie möglich aus ihrer misslichen Lage befreien.
Also haben wir uns entschlossen, das gesamte Areal mit Elektrozaun zu sichern. Über 1km lang wird das eine Zeitlang dauern, da Büsche ausgelichtet werden müssen, die sich zum Teil in den Zäunen verwachsen haben. Da es unmöglich ist, die Zäune komplett zu säubern, werden wir einfach einen Meter davor eine zweite Linie mit Schnüren spannen, die in entsprechender Höhe über eine Solaranlage mit Strom versorgt werden und den Ausbrechern die Flucht vereiteln.
Am Freitag Nachmittag kam dann der nächste Schreck: das kleine schwarze Zicklein war weg. Die Mutter graste ganz friedlich mit der Herde, von ihrem Kind keine Spur. Wir suchten über zwei Stunden bis Einbruch der Dunkelheit, gefunden haben wir es nicht. Gegen Abend wurde dann auch die Mutter unruhig, schrie nach ihrem Baby, hatte aber genauso wenig Erfolg wie wir. Als es Dunkel war, gaben wir auf, die Ziege schrie die ganze Nacht weiter.
Am Samstag früh bei Sonnenaufgang gegen 6 Uhr machte ich mich erneut auf die Suche. Wenn es noch am Leben war, musste es doch Hunger haben und jämmerlich nach seiner Mama rufen ! Fehlanzeige. Außer dem Vogelgezwitscher war nichts zu hören. Die Ziege schrie, immer noch oder wieder ? Wir mußten uns wohl damit abfinden, daß das Ziegenbaby verschwunden blieb und wahrscheinlich das Opfer eines Fuchses geworden war. Bevor wir die Herde hinaus auf die Weide ließen, kümmerten wir uns um die verwaiste Mama. Sie musste unbedingt gemolken werden. Das Euter war prall gefüllt.
Die Herde trottete hinaus auf die Weide, die Ziegenmama hinter her. Und dann das Wunder !!!!! Nach einer halben Stunde, ich hatte während dem Beetegießen die Herde immer im Blick, hüpfte ein kleiner dunkler Wirbelwind zwischen den Schafen und Ziegen umher. Das Kleine hatte die Nacht alleine tatsächlich unbeschadet überstanden. Nach einer ordentlichen Milchmahlzeit war die Welt wieder in Ordnung und wir einfach nur glücklich, daß das Ganze doch noch ein gutes Ende gefunden hat.
Da unser Ziegenbaby noch sehr viel Schlaf braucht, fange ich sie jetzt am frühen Nachmittag ein. Ihre Mittagsruhe hält sie bei den Hasen im Hasenstall, sie ist ja nicht größer als die beiden Mümmelmänner. Nach drei Stunden Tiefschlaf ist sie dann wieder fit für neue Abenteuer, kann aber nicht verloren gehen.
Ziegen sind sehr kommunikativ, und wenn sie einmal Vertrauen gefasst haben, sehr anhänglich und schmusebedürftig. Unsere abendliche Kuschelrunde nimmt immer größere Ausmaße an. Die Maisrationen haben wir jetzt im Sommer eingestellt, da sie genügend Futter auf der Weide finden. Dafür wird geschmust und gekuschelt und es ist jeden Abend schwer, ein Ende zu finden. Unsere Lizzy ist immer mit dabei. Von den Schafen beteiligt sich nur Octavio, der absolut ein Steffen-Fan ist und sich von ihm herzlich kraulen lässt. Von mir hält er gerne Abstand, da ich seine Kopfwunde wochenlang behandelt habe und ihm mit Fangseil und Spraydose gehörig genervt habe. Wenn ich jetzt mit der Spraydose bewaffnet das Gehege betrete um das Lämmchen zu behandeln, macht er einen großen Bogen um mich, froh, diesmal nicht mein Opfer zu sein.