Ein Jahr Uruguay !!!

Eigentlich wollte ich diesen Beitrag positiv beginnen. Aber wie das Leben so spielt, liegen Freud und Leid nahe beieinander. Und auch die traurigen Momente gehören dokumentiert. Heute Morgen kam wieder ein Lämmchen zur Welt, leider überlebte es die Geburt nicht. Die Mutter rannte laut blökend durch den Corall, immer wieder zu dem Lämmchen hin, stupste es an, aber es half nichts. Sie wurde bitterböse, als ich es aufhob und mit mir nahm, um es zu entsorgen.

Jetzt, nach zwei Stunden hat sie sich wieder etwas beruhigt. Sie steht bei den zwei Schafen, die mit ihren neugeborenen Lämmern von Vorgestern unter einem Baum Schutz suchen, weil es heute endlich angefangen hat zu regnen.

Heute jährt sich unsere Ankunft in Uruguay zum ersten Mal. Zwölf ereignisreiche Monate liegen hinter uns. Auf der einen Seite kommt es uns gar nicht so lange vor, andererseits ist es so, als ob wir nie etwas anderes gemacht hätten. Deutschland, unser Leben dort, alles ist so weit weg. Wir sind hier mit Leib und Seele zu Hause, von Heimweh oder Sehnsucht nach früher keine Spur. Es ist ja nicht so, daß wir nicht gerne in Deutschland gelebt hätten oder wir uns dort nicht wohlgefühlt hätten. So ist es ganz sicher nicht. Naja, mit einigen Abstrichen schon, denn sonst wären wir ja dort geblieben.

Aber hier begann vor einem Jahr für uns ein neuer Lebensabschnitt. Im Großen und Ganzen wußten wir, auf was wir uns einlassen, haben durch die vielen Urlaube in den vergangenen acht Jahren davor das Land kennen und schätzen gelernt. Es war also kein fremdes Terrain, das wir da betraten, sondern schon ein Stück zu Hause, da wir uns von Anfang an hier sehr heimisch gefühlt hatten.

Trotzdem unterscheidet sich ein dreiwöchiger Urlaub natürlich vom dauerhaften Wohnen. Erst einmal im positiven Sinne, daß wir, wenn wir ein Gartenprojekt begannen, nicht mehr mittendrin aufhören mußten um die Arbeit auf den nächsten Urlaub zu verschieben. Dieser Gedanke im Hinterkopf begleitete mich übrigens einige Wochen, bis ich dann irgendwann begriff : du darfst hierbleiben, du mußt nicht mehr weg !

Auch das Einkaufen machte plötzlich mehr Spaß, weil wir nicht mehr nur für drei Wochen planen mußten. Vorräte anlegen ist jetzt ebenso selbstverständlich wie bei Sonderangeboten mal ordentlich zuschlagen.

Es waren wirklich zwölf ereignisreiche Monate. Viele Dinge, bei denen wir Probleme erwartet haben, erledigten sich wie von selbst. Andererseits waren Probleme zu bewältigen, die wir gar nicht auf dem Radar hatten. Die Bürokratie in Deutschland hat uns immer noch fest im Griff und der Verkauf der Apotheke mit all seinen bürokratischen Fangarmen ist immer noch nicht ganz abgeschlossen. Das hatten wir uns auf jeden Fall einfacher vorgestellt.

Das Leben auf dem Land unterscheidet sich natürlich in vielerlei Hinsicht von dem in der Stadt. Wir mußten sehr viel lernen. Beschränkte sich unsere Erfahrung mit Tieren anfangs nur auf die mit einem Zwerghamster und Kaninchen, sind wir mittlerweile im Umgang mit unseren Schafen, Ziegen,Eseln, Pferden und Hühnern sehr versiert. Wir waren viel gefordert, oft auch überfordert, verloren  aber nie den Mut und die Zuversicht, das alles in den Griff zu bekommen. Wir sind unheimlich stolz darauf, daß alle unsere Tiere auf Zuruf zu uns kommen, keine Angst oder Scheu zeigen. Auch der Umgang mit den landwirtschaftlichen Maschinen bedeutete eine sehr große Herausforderung, war die Einführung darin doch komplett in spanischer Sprache.

Wir haben nie einen Dolmetscher in Anspruch genommen, sondern uns von Anfang an alleine durchgewurstelt. Das hat zu einigen, oft ungewollt komischen, Missverständnissen geführt, uns aber im Sprachgebrauch unheimlich gefördert. Selbstverständlich waren unsere Sprachkenntnisse von Anfang an nicht ganz gering. Zehn Jahre vor der Auswanderung begannen wir in Deutschland mit einem Sprachkurs an der Volkshochschule und haben, auch dank einer wirklich sehr erfahrenen, lieben Lehrerin und ausgesprochen netten Mitstreitern, bis zum Schluß durchgehalten. Wir verhandeln alleine mit dem Steuerberater ebenso, wie wir die Angelegenheiten beim Anwalt wegen unseres ehemaligen Mitarbeiters besprechen. Steffen ist da etwas versierter, weil er oft alleine, oder die ersten Monate mit unserem Angestellten, unterwegs war, während ich mich auf dem Campo um den Haushalt und die Tiere gekümmert habe, mit denen ich natürlich deutsch spreche. Unsere Hündin versteht nur deutsche Kommandos.  Hat den Vorteil, wenn Fremde mit ihr spanisch reden, reagiert sie nicht. Es sei denn, sie sind sehr sympathisch, finden Sie soooo süß und streicheln sie, da spielt die gesprochene Sprache keine Rolle mehr !

Auch die Sache mit der Aufenthaltsgenehmigung ist noch nicht vom Tisch. Wir waren einige Male bei der Einwanderungsbehörde, haben fehlende Papiere vorgelegt, haben Uruguay zwölf Monate nicht verlassen und warten immer noch ! Unsere bisherige, zwei Jahre gültige Aufenthaltsgenehmigung läuft Anfang September ab. Bis dahin sollte die Behörde in die Gänge gekommen sein und die neue Bescheinigung ausgestellt haben. Für den Inhalt unseres Containers müssen wir nun, dank fehlender Daueraufenthaltsgenehmigung, erneut ein Kaution hinterlegen.

Das sind ärgerliche Kleinigkeiten, die sich aber alle klären lassen. Alles in allem sind wir hier sehr zufrieden, fühlen uns sehr wohl und möchten unserer Leben hier mit keinem anderen auf der Welt eintauschen. Wir haben unseren Hafen gefunden. Für uns war die Auswanderung die absolut richtige Entscheidung, die wir nie bereut haben. Wir haben uns nie irgendwelchen Illusionen hingegeben, haben immer die Realität vor Augen gehabt. Ärgernisse und Widrigkeiten begleiten einen, egal wohin man geht. Aber in zufriedenem und ausgeruhten Zustand kann man besser und überlegter mit Problemen umgehen und sie lockerer lösen, als in gestresstem und genervten Zustand.

Ein Jahr Uruguay bedeutet auch ein Jahr Heidrich-Blog. Ich war anfangs sehr skeptisch, ob sich so etwas für uns lohnt. Ob es genug zu berichten gibt und, das vor allem, ob sich überhaupt irgendjemand dafür interessiert. Beides darf und kann ich mit Ja beantworten. Ich bin immer wieder überrascht, wieviele Menschen Anteil nehmen an unserem Leben hier in Südamerika. Das so abwechslungsreich ist, daß es immer wieder etwas zu berichten gibt. Mittlerweile ist es zu einem Tagebuch geworden, weil es auch für uns persönlich sehr interessant ist, wie sich alles im Lauf der Zeit entwickelt und ergibt. Ich wünsche uns und euch allen da draußen in der ganzen Welt, daß wir auch in Zukunft immer wieder für Neuigkeiten zum Schmunzeln und Nachdenken sorgen können, euch zur Unterhaltung, und für uns, damit es uns nicht langweilig wird.😁

Wir freuen uns auf viele, viele weitere Jahre in diesem für uns so wunderschönen Land, in dem wir unser Zuhause gefunden haben.

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