Wochenende in Montevideo

IMG_1602IMG_2164IMG_2165In Montevideo wohnt die Hälfte der uruguayischen Bevölkerung, also etwas mehr als  1,5 Millionen Menschen.

Wenn man als Tourist am Wochenende die Hauptstadt besucht , erwartet man hier sicher Rummel, Verkehr, Menschenmassen und südamerikanisches Temperament. Gut, von dem fehlenden Temperament habe ich schon des öfteren berichtet. Rummel sucht man ebenfalls vergebens, allenfalls fällt der Verkehr in Form von unzähligen Linienbussen ins Auge, die allesamt den deutschen TÜV nicht überstehen würden.

Am Samstag Mittag werden “ die Bürgersteige hochgeklappt „, sprich : alle Geschäfte schließen, eines nach dem anderen. Man lässt die Rolläden herunter, Schaufenster gucken ist also auch nicht, einige wenige haben große Gitter davor, da kann man wenigstens die Auslagen in Knastatmosphäre betrachten. Einzig die Supermärkte und die Restaurantketten haben noch geöffnet. Verhungern will der Stadtbewohner schließlich nicht. Die feineren Restaurants schließen nach dem Mittagsgeschäft und öffnen erst in der Nacht wieder ihre Pforten. In den einfacheren Lokalen bekommt man allerdings von morgens gegen zehn Uhr bis spät in die Nacht hinein ohne Einschränkung alles, was die reichhaltige Küche Uruguays so hergibt. Italienische Pasta, deftige Rindersteaks, Chivito und mittlerweile sogar üppig dekorierte Salatteller.

Haben auch die wenigen in der Stadt verteilten Einkaufszentren von Montag bis Sonntag fast rund um die Uhr geöffnet, so wirkt die Innenstadt, einschließlich der historischen Altstadt, ab Samstag Nachmittag wie ausgestorben. Man sieht, außer den wenigen Touristen, die vergebens nach Unterhaltung suchen, kaum einen Menschen auf der Straße. Es wirkt, als hätte man die Stop-Taste gedrückt. Nur die Wäsche auf den Leinen der Balkons flattert leise im Wind und ab und zu fährt ein leerer Linienbus an einem vorbei.

Die Hauptverkehrsstraße, die direkt an der Küste des Rio de la Plata vorbei führt, leert sich ebenfalls. Der Verkehr nimmt spürbar ab. Jetzt beginnt die Zeit der Freizeitsportler. Der Gehweg neben der Straße ist eine breite Promenade. Sie führt vom Hafen an der Altstadt weit über 20 km am Fluß entlang. Alle paar Kilometer wurden kleine Fitness-Parks errichtet, mit Geräten zur sportlichen Ertüchtigung für jedermann. Diese werden eifrig benutzt von Sportlern jeden Alters. Dazwischen gibt es Kinderspielplätze und Bahnen für Inlineskating. Die Promenade wird von Joggern und Spaziergängern gleichermaßen genutzt und ist ein beliebter Treffpunkt der Stadtbevölkerung. Bis spät in die Nacht sind hier die Menschen unterwegs. Es ist schön, im Dunkeln, im Schein der Straßenlaternen, den Wellen zu lauschen und weit draußen die Positionslichter der vorbeifahrenden Schiffe zu beobachten. Auf der anderen Straßenseite erhellen die beleuchteten Silhouetten der Hochhäuser mit Rio-Blick die Nacht.

Der Sonntagmorgen beginnt ebenso ruhig und friedlich. Während die ersten Touristen nach dem Frühstück die Hotels verlassen, um an der Promenade einen Spaziergang oder eine Joggingrunde zu absolvieren, verlassen die letzten Nachtschwärmer die große Diskothek an der Promenade und lassen sich mit dem Taxi nach Hause fahren.

Die Innenstadt wirkt immer noch wie ausgestorben. Einige Kilometer von der Altstadt entfernt kommt allerdings dann doch so langsam Bewegung in die erwachende Gesellschaft. Wie von Geisterhand geführt zieht es plötzlich Menschenmassen in eine bestimmte Richtung. Auch aus den Seitenstraßen strömen die Leute und schließen sich der stetig wachsenden Bewegung an. Ziel dieser Massenbewegung ist der sonntägliche Flohmarkt, eine riesige Verantstaltung, die sich über viele Straßenzüge erstreckt und tausende von Menschen anzieht. Touristen verirren sich leider kaum hier her, obwohl der Flohmarkt in jedem Reiseführer und Stadtplan erwähnt ist. Hier in diesem Stadtviertel befinden sich viele Antiquitätenhändler und Bücherläden, die ebenfalls ihre Pforten geöffnet haben. Die Stände quellen über von frischem Obst aus Brasilien, Käse vom Land, Fisch aus Atlantik und Fluß. Die Nudelfabriken verkaufen ihre Waren ebenso wie die Imker ihren Honig, die Hobbyschreiner ihre Möbel und Gelegenheitsgärtmer ihre selbstgezogenen  Pflanzen. Züchter bieten Hundewelpen, Kaninchen oder Aquarien voller bunter Fische an, dazwischen kann man seinen Hunger mit Frühlingsrollen und Würstchen vom Grill stillen. Kinder verkaufen ihre alten Spielsachen, Omas ihre selbstgestrickten Mützen, Schals und Pullover. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Von Büchern über Werkzeuge, Kleidung und Unterhaltungselektronik, Nahrungsmittel und Möbel für die Wohnung.

Es ist unmöglich, alles an einem einzigen Tag anzusehen. Hier findet man den Großteil der Stadtbevölkerung am Sonntag. Kein Wunder, daß im Rest der Stadt niemand unterwegs ist.

Ein Gedanke zu “Wochenende in Montevideo

  1. Hallo ihr zwei. .So wie du das beschreibst. ..ist das eine Reise wert. ..ps: Deine Berichterstattungen finde ich immer spannend und absolut interessant. …..!!!

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